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 Eigene Geschichten
Naruto Offline

Chu-Nin

Beiträge: 429

27.11.2005 17:04
Adventure @ Fullmonn Antworten

Schwarz. Pechschwarz. So würde ich die Nacht beschreiben. Die Nacht kann manchmal ganz schön unheimlich sein, aber gerade das ist ja das Tolle. Ich kam gerade mit Steffen vom Kino zurück. Und wie gesagt: Es war eine pechschwarze Nacht. Der Film hatte länger gedauert, als wir dachten. Deshalb waren wir etwas spät dran. Unterwegs unterhielten wir uns über den Film. „Also, wie der Wolf den Sam zerfleischt hat, war doch cool“, sagte Steffen.
„Werwolf, mein lieber Unwissender. Werwolf“, korrigierte ich ihn.
„Ach, Wolf, Werwolf. Wer kann das schon so genau sagen?“, sagte Steffen.
„Ich, wer sonst?“ Wir hatten immer verschiedene Meinungen über Filme. Steffen steht mehr auf die Filme, in denen einer so von Kugeln durchlöchert wird, dass er nicht von einem Schweizer Käse zu unterscheiden ist. Ich mag Horrorfilme. Am liebsten mit Werwölfen. Deshalb kenne ich mich einigermaßen drin aus.
Also, wir liefen flotten Schrittes durch die Straße um zum Bus zu kommen. Wir wussten, dass wir ziemlichen Ärger bekommen werden. Deshalb schlug ich eine Abkürzung vor.
„Ein stillgelegter Tunnel unter einer Bahn?“, fragte Steffen entgeistert. „Bist du hacke? Wenn das Ding einkracht, sind wir Matsch.“
„Ich hab den schon oft benutzt und es ist nie etwas passiert“, entgegnete ich.
Schließlich ließ sich Steffen davon überreden, mitzugehen. Im Tunnel war es stockfinster. Wir konnten gerade mal das Ende sehen. Und auch nur sehr schwach, weil anscheinend eine Straßenlaterne ausgegangen war. Ich schwitzte ziemlich, obwohl es eine kühle Oktobernacht war. Schwitzte ich vor Angst? Gut möglich. Nach Werwolffilmen bin ich immer ein wenig zittrig. Aber Steffen schien auch nicht besonders mutig. Ich merkte, dass er viel schneller ging als ich. Wenigstens war ich nicht der einzige der Angst hatte.
Mein Name ist übrigens Alex. Ich bin sechzehn und recht groß für mein Alter. Steffen ist einige Monate jünger als ich und einen Kopf kürzer. Aber mit ihm rumzuhängen, macht Spaß. Er ist meiner Meinung nach das einzige Lebewesen in meiner Klasse, bei dem die Dummheit nicht aus dem Arsch kriecht.
„War doch geil, als der Werwolf überfahren wurde.“, sagte ich, um die Stimmung ein wenig zu lockern.
Steffen antwortete nicht und blieb einfach stehen. Mit aufgerissenen Augen starrte er auf den Ausgang, der keine fünf Meter entfernt war. „Meinst du einen Wolf wie den da?“, fragte er mit zittriger Stimme.
Ich folgte seinem Blick. Im fahlen Licht der schwachen Straßenlaterne konnte ich einen Wolf ausmachen. Oder einen Hund. Es war stockfinster. Ich konnte es nicht genau erkennen.
„Steffen, ein Wolf mitten in der Stadt? Also wirklich. Das wird ein Schäferhund sein oder so etwas.“
Ich begann langsam auf den Hund zuzugehen. Er knurrte und fletschte die Zähne. Dann erkannte ich seine Augen. Stechend gelbe Augen. Das musste ein Wolf sein. Kein Hund der Welt hat gelbe Augen. Vorher werde ich Präsident der Vereinigten Staaten.
„Okay, das ist doch ein Wolf, ich geb` s zu. Aber es ist doch schwachsinnig deswegen gleich umzudrehen. Wölfe greifen nur an, um sich zu verteidigen. Die sind doch menschenscheu.“
Langsam schlich ich mich an der Wand entlang an ihm vorbei, Zentimeter für Zentimeter. Der Wolf folgte mir aufmerksam mit seinem Blick. Er fixierte mich und blinzelte nicht einmal. Da stieß ich gegen eine Coladose. Das Klappern zerriss die Stille wie ein Schuss. Und der Wolf griff an. Blitzschnell preschte er nach vorn und rammte mir seine Zähne in ... den Arm. Ich hatte es geschafft, mich mit meinem Arm zu schützen. Blut quoll wie aus einem Sturzbach hinaus.
„Aaaaaaaaargh!“, schrie ich vor Schmerz.
Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Steffen sich umdrehte und wegrannte. Na toll, jetzt werd ich beim lebendigem Leibe gefressen und dazu noch im Stich gelassen. Toll. Der Wolf sah mich an. Ich sah ihn an. Speichel floss ihm aus dem Maul und tropfte auf mein Gesicht. Plötzlich ruckte der Kopf nach unten, aber nur einige Zentimeter. Der Wolf drehte sich um und ich konnte erkennen, wie Steffen auf den Wolf mit einem Stock einprügelte. Das hatte er also gemacht. Ich rappelte mich auf und rannte was das Zeug hält. Über meine Schulter rief ich noch: „Schnell, Steffen, lass uns abhauen!“
Plötzlich vor mir ein gleißendes Licht. Eine Hupe dröhnte. Ich sprang vom Weg und rollte zur Seite. Der vorbeifahrende Kleinbus verfehlte mich nur millimeterweit. Hinter mir hörte ich ein Geräusch, das mir sehr bekannt vorkam. Ein schmatzendes Geräusch, wie ein Auto, das über Matsch fährt. Plötzlich wurde ich auf die Füße gezerrt.
„Los, lass uns verduften!“, sagte Steffen. „Hat er dich gebissen?“
„Nein, er wollte mich ins Kino einladen“, gab ich zurück. Ich warf einen Blick über die Schulter. Der Fahrer des Kleinbusses stieg verärgert aus und begutachtete eine Pfütze, die nach rohem Hackfleisch aussah. Darunter erkannte ich einige Knochen.
„Der Wolf wurde überfahren“, sagte Steffen. Das war also das Geräusch, das ich gehört hatte. Im Film wurde der Wolf auch von einem Bus getötet. Ich krämpelte meinen Arm zurück und sah mir die Bisswunde an. So übel, wie ich dachte, sah es gar nicht aus. Es blutete nicht mehr und es waren nur noch drei Kratzer zu sehen. Ich verband es mit einigen Taschentüchern. An der Bushaltestelle verabschiedete ich mich von Steffen. „Und geh zum Arzt. Wegen Tollwut und so“, gab er mir noch mit.
„Dagegen bin ich geimpft, du Kipf.“
Möglichst schnell ging ich nach Hause. Ich stürmte rein und verzog mich sofort ins Badezimmer. Dort duschte ich mich und warf die blutverschmierten Klamotten in den Wäschekorb. Danach machte ich mich ins Esszimmer auf, wo mich meine Familie erwartete: Mom, meine Schwester und mein Stiefvater.
„Servus, was geht?“, rief ich. Ich musste auf gut gelaunt machen, dass keiner was merkt.
„Einiges. Du kommst zu spät zum Essen“, sagte Jenny, meine Schwester.
Ich setzte mich an den Tisch und begann mir ein Brot zu schmieren. Als ich nach der Wurst griff, bemerkte ich einen üblen Gestank. Und ich kannte ihn auch noch.
„Ay Caramba!“, schrie ich. „Habt ihr wieder diesen Stinkkäse gekauft? Is ja zum Wegrennen!“
Mom sah mich verdutzt an. „Den hab ich doch extra im Kühlschrank gelassen. Da kannst du ihn ja schlecht riechen, oder?“
Seltsam. Ich roch den Käse, als würde er vor mir liegen. Widerlich.
„Also, wenn hier was stinkt, dann bist du das“, neckte mich Jenny. „Du stinkst aus dem Maul wie Mynters Boxer. Was hast du gemacht? Eine Dose Hundefutter gefressen?“
Bei dem Wort „Hund“ verschluckte ich mich und bekam einen Hustenanfall.
„Du lieber Scholli! Jenny hat Recht! Du stinkst wirklich wie ein Iltis. Geh ins Bad und putz dir die Zähne.“, schimpfte Mom.
Widerwillig stand ich auf und marschierte ins Bad. Auf dem Weg dahin fühlte ich mich seltsam benommen und grelle Blitze zuckten vor meinen Augen. Als ich die Badezimmertür öffnete, musste ich nicht einmal das Licht anmachen. Sonst tastete ich erst eine Minute nach dem Schalter, aber heute konnte ich ihn deutlich sehen, als wäre es helllichter Tag. Ich ging zur Kommode und holte mir meine Zahnbürste und Zahnpasta. Als ich begann, mir die Zähne zu putzen, blickte ich in den Spiegel. Und musste vor Schreck fast losschreien.
Haare. Dicke, flauschige Haare hingen mir an den Backen und am Kinn. Gut, ich rasier mich schon, aber dermaßen starken Bartwuchs bekam ich noch nie an einem einzigen Tag. Meine Augen waren gelb wie Bernstein. Und als ich meinen Mund öffnete, schoben sich zwei kleine Reisszähne über meine Unterlippe.
„HEILIGES BLECH!“, schrie ich vor Aufregung. „Was geht denn hier ab?!“
Ich riss mir die Taschentücher ab und entdeckte noch mehr feine Haare um die Kratzwunde. Verzweifelt warf ich einen Blick auf den Kalender an der Tür. Vollmond. Heute war Vollmond. Das kann nicht ... das darf nicht ...
„Ruhig, Alex“, ermahnte ich mich selber. „Versuch, nicht durchzudrehen. Es gibt für alles eine logische Erklärung.“ Ich dachte angestrengt nach. Hormonschwankungen sind in meinem Alter nichts ungewöhnliches. Daher sicher der dicke Haarwuchs. Dafür sind auch bestimmt die gelben Augen verantwortlich. Und die Reisszähne? Eine Laune der Natur. Die beiden Eckzähne warem schon immer etwas spitz. Trotzdem rasierte ich mich und putzte mir die Zähne. Danach rief ich ins Esszimmer, ich wolle früher schlafen gehen und verzog mich ins Zimmer. Ich brauchte überhaupt kein Licht. Es war taghell. Ich zog mich um und ließ mich ins Bett fallen. „Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus ...“, sagte ich mir und schlief ein.
Tags darauf wurde ich brutal geweckt. „Aufstehen!“, trällerte Jenny und zog mir die Decke weg.
„Gib Ruhe, sonst bist du Fischfutter“, nuschelte ich im Halbschlaf.
„Steffen ist übrigens da. Lass deinen Gast lieber nicht zu lange warten.“
Todmüde stieg ich aus dem Bett und zog mich an. Als ich rauskam, sah mich Steffen verdutzt an und lachte plötzlich los.
„Wie siehst du denn aus? Hast du gestern zu viel Haarwuchsmittel geschluckt?“
Ich stürmte an Steffen vorbei ins Bad. NEIN! Die Haare waren wieder da. Noch länger als gestern. Wieder rasierte ich sie ab. Ich hoffte, sie würden dieses Mal länger weg bleiben.
„Steffen, komm, ich muss dir was sagen!“, sagte ich und zog Steffen raus.
Er lachte immer noch wegen der Haare. Am Tunnel, den wir gestern benutzt hatten, wartete ich, bis er sich beruhigt hatte. Dann zog ich das Tuch von meinem Arm und hielt es Steffen vor das Gesicht. „Wow!“, sagte er.
„Das ist noch nicht alles. Zieh dir mal meine Augen rein.“
„Schöne Augenfarbe. Wie bist du denn dazu gekommen?“
„Keine Ahnung, gestern Abend hat alles angefangen. Und noch was: Es war Vollmond.“
Steffen reagierte nicht im geringsten darauf.
„Ich sagte, es war Vollmooooooooooond“, wiederholte ich. „Klingelts nicht bei dir?“
„Du wirst doch wohl nicht an sowas glauben“, sagte Steffen. „Das war ein Film, nix als ein dummer Film“
„Und woher hab ich gelbe Augen?“
„Vielleicht haste wirklich Haarwuchsmittel geschluckt? Du glaubst doch wohl nicht, dass du zum Werwolf wirst.“
„Nehmen wir mal an, es wäre so. Was sollen wir tun?“
„Ich hole meine Soft-Air und die Silberkugeln“, sagte Steffen und grinste breit. „Ne, ich würd sagen wir halten uns an den Film: Ab in den nächsten Blumenladen, ein wenig gelber Eisenhut und deine Sorgen sind wie weggeblasen.“ Im Film gestern wurde der Werwolf durch Aconitum Lycotonum geheilt. Das ist gelber Eisenhut, eine Staudenpflanze, die nur im Frühling wächst. Die Personen im Film hatten daraus eine Injektion gemacht.
„Und wenns nicht hinhaut?“, fragte ich.
„Dann beißt du mich und wir metzeln zusammen alles nieder. Bis Vollmond hast du noch fast einen Monat Zeit.“
Am Montag war wieder Schule. Ich hatte versucht, an Eisenhut ranzukommen, aber kein Blumenladen hatte ihn. Und jedes Mal, wenn mir ein Hund über den Weg lief, knurrte ich ihn an. Und meine Fingernägel wuchsen in einem erstaunlichen Tempo.
„Morgen“, mümmelte ich. Ich war nicht sehr ausgeschlafen.
„Servus“, sagte Steffen. „Hast du letzte Nacht schon jemanden totgebissen?“
„Ja, natürlich“, sagte ich. „Hier ist meine zweite Station. Ich kill hier alle bis nix mehr geht. Die Reichel, den Örnest, den Rainer, die Scheid und was noch alles dazugehört.“
Die Klasse plapperte und schnatterte wild durcheinander, was für meine empfindlichen Ohren recht nervig war. Da drehte sich einer meiner Erzfeinde zu mir um: Julian Ernst, Spitzname Örnest. Er grinste breit und warf mir die heutige Main Post auf den Tisch.
„Schon gehört? Einige Hunde sollen totgebissen worden sein“, verkündete er stolz.
Steffen faltete die Zeitung auf und wir sahen beide hinein.
WILDE BESTIE WÜTET UNAUFHALTSAM

Vergangene Nacht wurden in der Winterhäuser Straße fünf Hundeleichen gefunden. Sie wurden von einem anscheinend größeren Säuger dermaßen übel zugerichtet. Die Polizei lehnt jede Stellungnahme ab. Der Täter wurde noch nicht gefasst. Es gibt keine Hinweise auf einen möglichen Täter. Die Hunde, allesamt gut ausgebildete Wachhunde, wurden scheinbar von innen heraus zerfleischt. Ein Zeuge will gesehen haben, wie sich der Täter vom Tatort entfernte. „Er war groß, sehr groß, und er hat geknurrt wie ein wildes Tier. Es war ein Mann, oder ein Jugendlicher, ich weiß nicht so genau.“, so der Passant.

Darunter befand sich noch ein Bild von einem Opfer. Ein Rottweiler, total zerfleischt wie von einem Metzger zerstückelt. Seine Gedärme lagen überall verstreut. Man konnte nur an seinem Kopf sehen, dass er mal ein Hund war.
„Witzig, Ernst, hast dir daran heut morgen einen runtergeholt, oder was?“, sagte ich.
„Ne, wollt ich nur mal zeigen“, sagte er und grinste hämisch.
Steffen jedoch packte mich am Unterarm. „Was hast du gestern Nacht gemacht?“
„Ich habe gepennt! Aber ... so genau erinnere ich mich nicht ...“ Ich riss erschrocken die Augen auf. Ich hatte keine Ahnung, was ich gestern gemacht hatte. Ich könnte durchaus die Hunde getötet haben.
„Ich brauch dringend gelben Eisenhut“, zischte ich Steffen zu.
„Aber es gibt doch keinen. Vielleicht solltest du mal unsre Biolehrer ausfragen?“
Das war ein guter Vorschlag. Also ging ich in der Pause zu jedem Lehrer in der Schule, der Biologie unterrichtete. Fehlanzeige. Keiner wusste, wo ich Eisenhut herbekäme. Ich war verzweifelt.
„Weißt du, vielleicht ist es gar nicht so schlecht“, sagte ich zu Steffen. „Ich hab mir schon immer vorgestellt, wie es als Werwolf ist. Hat vielleicht auch seine guten Seiten.“
„Bist du hacke? Jetzt willst du dich auch noch verwandeln? Weißt du, dass du dann eine unkontrollierbare Killermaschine bist und dich nicht mehr selbst unter Kontrolle hast? Ich hab keine Lust von dir gekillt zu werden.“
„Dann mach doch mit. Ich beiß dich kurz und wir machen zusammen die Gegend unsicher.“
„Nein, danke, ich bin gerne ein Mensch.“ Steffen war verängstigt. Ich konnte den Schweiß riechen. Er wollte wirklich kein Werwolf werden.
Die Vollmondnacht rückte immer näher und die Main-Post überschlug sich schon fast wegen dem Monster, das Hunde anfällt. Meine Körperbehaarung war unaufhaltsam. Ich hatte es aufgegeben, mich zu rasieren, weil die Haare inzwischen viel zu schnell nachwuchsen. In Sport bekam ich Spitzennoten. Ich hatte eine Ausdauer wie ein Marathonläufer. Wegen meiner Augen trug ich eine Sonnenbrille. Meine Klassenkameraden machten sich einen Witz daraus, mich auf meine Haare anzusprechen. Meine Antwort war immer dieselbe: „Mach dich vom Acker oder ich zerhack dich.“
Sogar Alex Veys versuchte sich mit mir anzulegen. Als ich meinen Spruch losließ, sagte er: „Mach doch wenn du dich traust.“
Darauf hatte ich gewartet. „Na gut, wenn du unbedingt willst. Heute Nacht um 11 Uhr hinter der Schule. Sei pünktlich.“
Er gab mir die Hand drauf. Ich grinste in mich hinein. Das versprach eine interessante Nacht zu werden ...
Am nächsten Tag kam ich gut gelaunt zur Schule. Ich hatte gemerkt, dass meine Eckzähne langsam die Form von Reißzähnen annahmen. Es war noch eine Woche bis Vollmond. Ich hatte eine Main-Post mitgebracht. Ich schlug die Seite der Todesanzeigen auf. Ich warf einen Blick auf die Anzeige von Alex Veys. Ich grinste wie ein Blöder. Alle stürmten auf mich zu und wollten wissen, wie unser Kampf gestern ausgegangen sei. Ich zeigte ihnen nur die Zeitung und schon waren sie still. Danach hielten sie alle ein wenig Abstand von mir. Ich roch jede Menge Schweiß. Das einzige, was mir auf den Wecker ging, war mein Schwanz, der mir in der Hose rumschlabberte. Aber niemand wagte, etwas zu sagen. In der Pause nahm mich meine Klassenlehrerin zur Seite. Sie wartete, bis alle in die Pause gegangen waren.
„Ich will, dass du mir sagst, was du über Alex` Tod weißt“, sagte sie.
„Nichts. Ich hab keinen Schimmer, warum er abgenippelt ist.“ Das stimmte zum Teil. Ich wusste nicht mehr wie genau ich ihn getötet hatte. Dafür ging es zu schnell.
„Es heißt, du hast dich mit ihm zu einer Schlägerei mitten in der Nacht getroffen.“
„Das hatte ich auch vor, aber die feige Sau ist nicht gekommen. Vielleicht ist er ja vor Angst gestorben.“ Ich hatte die Leiche weggeschafft und zum Hauptbahnhof geschleppt. Damit wär ich aus dem Schneider. Ich ging in die Pause. Dort begann der echte Horror. Alles voller Schüler und Lehrer. So viele Menschen. Und ich dachte nur an eines: zu Töten, zu Metzeln, zu Verletzen. Es war fast unerträglich. Ich wollte alle hier umbringen. Das konnte ich nicht ertragen. Ich rannte geradewegs durch die Tür. Ich achtete gar nicht auf die Rufe der Lehrer. Ich versteckte mich im Wald. Ich überlegte hin und her. Mehrere Stunden saß ich im Baum und dachte nach.
Ich kam zu dem Schluss, dass ich doch kein Werwolf werden wollte. Und der einzige, der mir helfen konnte, war Steffen. Ich rannte so schnell es ging zu ihm. Kleinigkeit. Wölfe haben eine ausgezeichnete Kondition.
Als ich ankam war es trotzdem sehr spät. Ich trottete den Weg hinauf. Ein Hund bellte. Ich wollte ihn mit einem Knurren zum Schweigen bringen. Er bellte weiter. Da verlor ich die Kontrolle und fiel ihn an. Ich fraß ihn bis auf die Knochen. Blutverschmiert konnte ich mich bei Steffen nicht blicken lassen, deshalb ging ich zum Gartenschlauch und wusch mir das Blut weg. Danach klingelte ich und fragte nach Steffen. Er kam mit seiner Soft-Air im Arm.
„Was willst du hier?“, wollte er wissen.
„Ich will allem ein Ende setzen. Ich will mich zurückverwandeln. Ich brauch aber deine Hilfe.“
Steffen zielte mit der Soft-Air auf mich. „Halt still und es wird nicht wehtun.“
Wutentbrannt schlug ich ihm die Waffe aus der Hand. Sie segelte über das halbe Grundstück, wo sie im Gras liegen blieb.
„Hey, war nur Spaß! Reg dich ab!“
„Sorry, war sowas wie ein Reflex“, nuschelte ich.
Steffen führte mich zu seinem Computer. Er war bereits angeschaltet. Er startete das Internet.
„Hast du jetzt doch Internet?“, fragte ich.
„Wir haben es uns zugelegt, weil wir es doch öfter brauchen.“
Er klickte seine Favoriten an. Die Seite lud ziemlich langsam. Nervös ging ich im Zimmer auf und ab. Dann erschien die Seite eines Blumenlieferanten. Gelber Eisenhut war vorhanden. Die Lieferzeit betrug allerdings fünf Tage.
„Steffen das ist zu spät. Vollmond ist bereits in drei Tagen. Dann müsste ich zwei Tage als Werwolf rumlaufen. Und wie willst du mir das Zeug injizieren?“
„Dazu kommen wir noch. Ich bestell das Zeug erst mal. Du wirst mir Spritzen besorgen müssen. Das schaffst du doch, oder?“
Ich grinste ihn an. „Als Werwolf gibt es nichts, was du nicht könntest.“
Die Spritzen waren schnell besorgt. Leichenlos. Ich hatte meine Cousine gebeten, zwei zu besorgen. Sie ist Arzthelferin, weshalb sie keine Probleme hatte. Steffen machte mir einen weiteren Vorschlag. Er führte mich in den Keller. Dort holte er vier Stahlringe und zwei Eisenketten raus. „Ich hing mal mit ein paar Rowdies ab. Die haben mit den Ketten manche Autos beschädigt. Als sie abgehauen sind, hab ich sie eingesteckt. Wir ketten dich fest, damit du keinen Schaden anrichtest.“
„Gute Idee“, lobte ich Steffen. „Hotel Fleißner. Der Aufenthalt ist wirklich fesselnd.“
Ich übernachtete im Keller. Den nächsten Tag verbrachte ich mit Steffen. Wir spielten GameCube, aber ablenken konnte es mich nicht. Ich rannte durch den Wald und erlegte mir ein paar Hasen. Danach kehrte ich zurück und aß bei ihm zu Abend. Seinen Eltern machte ich weis, nach dem Essen nach Hause gegangen zu sein. Steffen kettete mich in Wirklichkeit so fest es ging an die Wand im Keller. Er verriegelte das Fenster und die Tür sehr sorgfältig. Ich fragte mich, ob es wohl halten würde.
„Steffen, wenn ich mich doch befreien sollte, erschieß mich. Du hast doch Silberkugeln, oder?“
„Ja, hab ich. Aber ich werde dich nicht abknallen. Ich werd dir schon irgendwie diesen dummen Fluch vom Hals schaffen.“
Dann kam die schrecklichste Nacht meines Lebens. Schwarzes Fell spross mir überall. Mein Tötungstrieb nahm um ein Vielfaches zu. Meine Hände verwandelten sich in Klauen von der Größe einer Bratpfanne. Meine Muskeln spannten sich wie verrückt. Ich hatte das Gefühl zu Platzen, wenn ich nicht sofort etwas töte. Ich wuchs noch einige Zentimeter, obwohl ich schon wirklich groß genug war. Ich riss an den Ketten so fest ich konnte. Nach langem Hin und Her gelang es mir, sie abzureißen. Aber ich war noch nicht frei. Ein geschlossenes Fenster links von mir. Vor mir eine Tür. Ich entschied mich für das Fenster. Ich riss es heraus und sog gierig die frische Nachtluft ein. Als ich nochmal einen Blick zurückwarf, sah ich Steffen mit seiner Soft-Air. Den Schuss sah ich vorher und konnte ausweichen. Ich beschloss, ihn hinter mir zu lassen und mir einfachere Beute zu suchen.
Ich fühlte mich wie eine Naturgewalt. Es gab nichts, was mich aufhalten konnte. Meine Sinne waren gespitzt wie die keines anderen Tieres. Mir entging nichts. Rechts von mir ein Eichhörnchen. Links zwei Kaninchen. Über mir ein Spatzennest. Alles unwichtig. Ich suchte größere Beute. Einen Menschen zum Beispiel. Links von mir ein Hirsch. Eine gute Beute. Ich schlich mich langsam ran. Der Hirsch war aufmerksam. Wenn ich nicht aufpasse, würde er mich bemerken. Ein Ast knackste unter meinem Fuß. Der Hirsch sah sich nicht mal um. Er rannte einfach weg. Doch so schnell würde er mir nicht entkommen. Ich rannte ihm kurz hinterher. Dann ein präziser Sprung. Ich landete auf seinem Rücken und schlug ihm meine Zähne in den Nacken. Er fiel der Länge nach hin. Immer wieder biss ich zu bis er sich nicht mehr rührte. Danach labte ich mich an seinem Kadaver. Doch das reichte noch nicht. Ich wollte mehr. Ich rannte zurück. Jetzt war ich wieder im Wohnviertel. Ein Hund bellte. Kurz danach nicht mehr. Aber ich hatte immer noch Hunger. Dann hörte ich ein Kind schreien. Ein Menschenkind. Und eine Frauenstimme. „Wenn du nicht reinkommst, bleibst du die ganze Nacht hier!“
Ich linste in den Vorgarten. Nur ein Kind zu sehen. Ich stürtzte mich auf es und packte es am Arm. Dann: „Lass ihn los und komm her!“
Ich ließ von meiner Beute ab und drehte mich um. Steffen stand vor mir, seine Soft-Air zum Abdrücken bereit angelegt.
„Zwing mich nicht, etwas zu tun, was ich bereuen könnte! Du wirst schön mitkommen oder ...“
Er ließ die Warnung in der Luft hängen. Wäre ich ein Mensch gewesen, wäre ich drauf eingegangen. Aber an mir war nichts menschliches mehr. Seine Drohung machte mich nur noch wütender. Ich sprang ihn an. Im Sprung drückte er ab und traf mich in den Bauch. Keine Silberkugel. Ein Betäubungspfeil. Ich verfehlte vor Überraschung mein Ziel. Ich rollte zur Seite. Mir schwanden die Sinne. Ich sah alles nur noch verschwommen. Ich sackte zusammen und kroch auf allen Vieren.
„Diese Dosis dürfte dich ruhig stellen, bis der Eisenhut da ist. Schlaf schön.“
Irgendwann wachte ich auf. Es war schon hell. Etwa Vormittag. Ich war noch richtig benommen. Und ich konnte mich kaum bewegen. Das rief den Wolf in mir sofort wach. Ich brüllte und schlug sofort um mich. Steffen erschien und sah recht genervt aus.
„Jetzt halt doch mal die Klappe! Die Lieferung ist in Verzug geraten, aber sie wird heute noch kommen. Und dann bist du geheilt. Also, HALT` S MAUL!”
Ich hörte nicht auf zu Toben und zu Brüllen. Da rammte mir Steffen eine Spritze mit mehr Betäubungsmittel in den Arm. Wieder kippte ich weg. Als ich aufwachte war es Nacht. Das Licht strahlte dumpf von der Decke herab. Steffen hatte ein rötliches Gebräu am Köcheln, das er gerade in eine Spritze füllte.
„Ah, du bist wach. Schön. Ich hab hier das Gegenmittel. Halt schön still dann tut es auch nicht weh.“ Ich fing an wieder zu Brüllen. Ich riss verzweifelt an den Ketten, aber sie gaben kaum nach. Steffen sah genervt herüber.
„Gib Ruhe, okay? Ich hab kein Chloroform mehr! Also lässt du dich jetzt spritzen oder ich muss die hier doch noch benutzen.“ Er zeigte mir die Soft-Air. Im Magazin waren zweifelsfrei Silberkugeln.
„Also wart noch kurz dann bist du bald wieder der Alte. So. Jetzt schön still halten und alles wird gut. Braver Wolf. Wenn du ruhig bist kriegst du auch ein Lerckerli. Will das Wölfchen? Einen knusprigen Knochen?“ Er lachte kurz. Das brachte den Wolf in Rage. Er kam mit der Spritze näher. Aber seine Bemerkung hat den Wolf in mir sosehr gereizt, dass er wie wild um sich prügelt. Und das reichte, um die Ketten abzureissen. Ich schlug mit meiner Klaue zu. Einmal, zweimal, dreimal ...
Über Steffens Bauch zog sich eine tiefe Wunde. Ich konnte seine Eingeweide fast sehen. Gerade wollte ich zum Biss ansetzen. Doch ich spürte eine Hemmung. Ich wollte ihn nicht beißen. Da bemerkte ich, dass etwas in meiner linken Pfote steckte.
Die Spritze. Und sie war leer. Steffen hatte es geschafft mich zu heilen. Und ich hatte ihn getötet. Nicht gerade die beste Art, seine Dankbarkeit auszudrücken. Doch plötzlich keuchte Steffen und spuckte Blut. Er lebte noch, aber vielleicht nicht mehr lange. Ich musste ihn schnell in ein Krankenhaus bringen. Ich hob ihn auf und rannte zum nächstgelegenen Krankenhaus.
Zu meiner größten Verwunderung verwandelte ich mich nicht zurück. Ich war immer noch ein Werwolf. Doch weil ich noch einer war, konnte ich Steffen noch rechtzeitig zum Krankenhaus bringen. Er kam durch, musste aber noch einige Tage zur Beobachtung bleiben. Die Ärzte wunderten sich, welches Tier ihm solchen Schaden zufügen konnte. Ich rannte durch den Wald und erlegte mein Futter. Ich wollte so gerne wieder ein Mensch sein und Fast Food essen. Döner. Cheesburger. Und alles andere, was ungesund war.
Ich schloss die Augen und stellte mir mein altes Ich vor. Ich dachte mir, wie ich mich zurückverwandelte. Wie mein Fell zurückging und ich als Mensch heraustrat. Plötzlich verstummte der Wald. Es war, als hätte jemand ein Radio ausgemacht. Eben noch hörte ich Vogelstimmen unmittelbar bei mir und im nächsten Moment hatte ich Schwierigkeiten, sie überhaupt zu hören. Eben noch roch ich einen Hirsch und plötzlich roch ich nichts mehr.
Ich öffnete die Augen. Mein Sehvermögen hatte auch beachtlich nachgelassen.
Ich ging ein paar Schritte und mir fiel auf, dass ich kleiner war als sonst. Ich blickte auf meine Pfoten und erstarrte. Da waren keine Pfoten. Hände. Gute alte Menschenhände. Ich rannte zum nächstgelegenen Fluss und betrachtete mein Spiegelbild. Ich war wieder ein Mensch. Vor Freude stieß ich einen Schrei aus, der den ganzen Wald vermutlich aufschreckte.
Ich besuchte Steffen im Krankenhaus.
„Geil, es hat geklappt!“, jubelte er. „Und ich dachte, ich hätte mich umsonst aufschlitzen lassen.“
Ich nickte stumm.
„Was ist los mit dir, Alex? Freust du dich denn nicht?“
„Doch, doch. Und ich bin dir auch dankbar, dass du mir geholfen hast. Aber ich denke, ich vermisse den Wolf ein bisschen. Du weißt gar nicht wie das war. Als Werwolf hatte ich vor nichts Angst. Selbst als du mich mit der Knarre bedroht hast. Der Wolf in mir dachte an Vorsicht, aber nicht an Angst.“
„Heißt das, du willst wieder Menschen metzeln?“
„Nein, so hab ich das nicht gemeint. Ich will nur sagen, dass der Wolf auch seine guten Seiten hat.“
Drei Tage später kam Steffen aus dem Krankenhaus. Ich half ihm danach immer am Wochenende, seinen Keller zu reparieren. Ich hatte so einiges verwüstet. Dazu brauchten wir zum Glück nicht lange, weil Steffen ein hervorragender Tischler ist. Und wieder war der Schulalltag. Ich langweilte mich zu Tode. Die Sache mit Alex hatten alle so gut wie vergessen. Immer wenn jemand nach ihm fragte, sagte ich: „Ich hab ihn gefressen, was sonst?“
Niemand konnte sich einen Reim darauf machen und das war mir nur Recht.
Ernst hatte auch nach ihm gefragt. Als ich ihm besagte Antwort gab, wurde er zunehmend sauer. Er versuchte mich zu provozieren, indem er meine Freundin beleidigt. Er erzählte mir wie hässlich sie sei und dass ihm bei ihrem Anblick kotzübel werden würde. Dabei hat er sie doch nur auf einem Foto gesehen.
„Nett, dass du mir das erzählst“, sagte ich. „Aber es interessiert mich nicht, wie deine Mutti aussieht.“
Da schien er wieder komplett auszurasten.
„Soll ich dich zusammenschlagen? Soll ich meine Kumpels holen und dich fertig machen?“
Ich stand auf und beugte mich nach vorn.
„Mach doch! Du traust dich doch eh nicht, du Hosenmatz!“
„Jetzt reichts mir, morgen komm ich vorbei und hau dich windelweich.“
Der besagte Tag war ein Samstag. Ich hatte nicht erwartet, ihn wirklich bei mir auftauchen zu sehen. Aber dann las ich eine SMS: „Komm zum Hintereingang, wenn du dich traust. Ernst“ Ich glotzte ziemlich verwundert. Er war wirklich gekommen. Das hatte ich am wenigsten erwartet. Ich rechnete damit, dass er auch wie versprochen eine eigene Leibgarde einspannen würde. Und ich behielt recht. Er war flankiert von zwei großen Jungs, deren Alter um die 20 zu betragen schien. Ich schluckte schwer. Gegen die hätte ich wohl kaum eine Chance.
„So, hast dich wohl alleine nicht hergetraut, was?“, höhnte ich.
„Wir werden gleich sehen, wer den Kürzeren zieht. Also, macht es wie besprochen.“
Die beiden Kerle gingen langsam auf mich zu und ließen ihre Knöchel knacken.
„Du ärgerst unseren Kumpel also. Scheint als braucht er ein paar neue Gesichtszüge.“, blaffte mich der eine an.
Ich überlegte, wie ich heil aus der Sache rauskommen könnte. Die Tür würde ich nicht schnell genug aufkriegen. Bliebe nur noch ein unfairer Kampf zwei gegen einen. Der erste packte mich und drehte mir die Hände auf den Rücken. Dann kloppte der andere auf mich ein. Mal ins Gesicht. Mal in den Bauch.
Dann trat Ernst vor. Ich grinste ihn an. „Hättest es wohl alleine nicht geschafft.“
„Du beleidigst meine Mutter nicht noch einmal.“
„Hab ich auch nicht. Das warst du.“
Er verlor anscheinen die Beherrschung. Wie ein Irrer trat er auf meinen Bauch ein. Das war nicht gerade schmerzlos.
„Und was sagst du jetzt, Großmaul?“
In diesem Moment wünschte ich mir den Werwolf sehnlicher zurück als sonst. Ich stellte mir vor wie ich mich verwandelte und die drei richtig aufmischte. Plötzlich wich einer der beiden Kerle zurück.
„Wow. Zieht euch mal die Augen rein. Irre! Richtig gelb!“
Da ließen mich alle los. Aber ich war nicht aufzuhalten. Mir wuchsen scharfe Krallen und Fell. Ein Schwanz spross aus meinem Steißbein. Mein Mund verlängerte sich und bildete eine Schnauze.
„So, dann drehen wir den Spieß mal um“ Ich erstarrte. Ich hatte gesprochen. Doch irgendwie auch nicht. Ich konnte ohne meine Stimme reden. Telepathie. Gedankenübertragung. Ich machte mir keine Gedanken drüber. Ich sprang nach vorn und schlug zu. Einmal, zweimal, dreimal. Alle drei sackten bewusstlos zu Boden. Wieder stellte ich mir vor, mich zurückzuverwandeln. Und es klappte. Allerdings machte es mich schnell müde. Ich zeigte meine neu erworbene Fähigkeit Steffen. Er war ganz baff. Wir beschlossen, niemandem etwas davon zu sagen. Ernst und seinen Kumpeln glaubte keiner. Allerdings mieden sie mich nach dem Zwischenfall.
Die Fähigkeit, mich in einen Werwolf zu verwandeln verschaffte mir ungeahnte Möglichkeiten. Beim Sport konnte ich mich zum Teil verwandeln bis meine Beine bessere Muskeln entwickelt hatten. Bei einem Test konnte ich meine Augen zu erst verwandeln, um eine bessere Sehleistung zu bekommen. Dann konnte ich bei jemandem abspicken. Ich musste nur aufpassen, dass ich mich nicht zu viel verwandelte, sonst käme jemand hinter mein Geheimnis.
Seitdem ich meine Fähigkeit entdeckt hatte, kostete ich sie voll aus. Nachts rannte ich mit einem Affenzahn durch die Gegend. Ich war sehr vorsichtig. Vielleicht ein bisschen zu sehr. Oft drehte ich mich nur nach Vögeln oder Hirschen oder Wildschweinen um. Aber ich war immer erleichtert, wenn es kein Mensch war.
Eines Nachts beschlich mich jedoch das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Immer wieder sah ich mich um, erkannte jedoch nichts. Nach einem Blick nach oben erkannte ich meinen unsichtbaren Verfolger. Ein Vogel. Ich glaube, irgendeine Bussardart. Ich beachtete ihn nicht weiter. Doch eine Weile später bemerkte ich ihn wieder. Und es war derselbe. Dasselbe auffällige Brustgefieder. Derselbe Farbenmix.
„Hör auf, mir zu folgen, sonst gibt` s Haue!“ Ich wusste, dass der Vogel mich nicht verstand, aber ich fühlte mich trotzdem besser. „Los, Vögelchen, mach die Flatter! Kusch! Verzieh dich!“ Aber der Vogel verfolgte mich immer weiter. Ärgerlich drehte ich mich nach dem Vogel um.
„Okay, jetzt reicht es mir, Piepmatz! Was bist du? So eine Art Spion?“ Ich hatte keine Antwort erwartet, doch zu meiner größten Verwunderung bekam ich eine.
„Kann schon sein. Was hast du denn erwartet?“ Der Vogel redete genau wie ich über Telepathie. „Ich beobachte dich seit heute Mittag. Ich will folgendes wissen: Was bist du? Du siehst einem Wolf ähnlich, benimmst dich aber nicht wie einer.“
„Bullshit, verdammter! Wie kann das sein? Ein sprechender Vogel? Was geht denn hier ab? Okay, Mr. Vogel, Ich bin nicht das, was ich zu sein scheine. Eigentlich bin ich ein Mensch.“
„Ein Mensch? Wirklich? Du musst wissen, dass ich auch ein Mensch bin. Mein Name ist Tobias.“
„Angenehm. Ich heiße Alex.“ Ich rede mit einem Vogel, schoss es mir durch den Kopf. Und ich dachte, der Vogel wäre verrückt.
„Und wie bist du an diese ... Gestalt gekommen, wo du doch ein Mensch bist?“, wollte Tobias wissen.
„Es fing an, als ich von einem Wolf gebissen wurde. Daraufhin wurde ich zum Werwolf. Nachdem ich ein Gegenmittel eingenommen hatte, konnte ich mich verwandeln. Und wie wurdest du ein Vogel? Bist du ein Wervogel?“
„Nein, ich bin ein Rotschwanzbussard, um genau zu sein. Ein Außerirdischer hat mir diese Fähigkeit verliehen. Er warnte uns vor einer Invasion. Mit uns meine ich mich und vier weitere Menschen. Wir erhielten die Macht des Morphens. Die Fähigkeit, uns in jedes Tier zu verwandeln, das wir berührt haben. Allerdings gibt es ein Zeitlimit von zwei Stunden. Zwei Stunden oder länger gemorpht zu sein, bedeutet, dass man für immer in derjenigen Gestalt festsitzt.“
„Wow. Das klingt ja ganz nach Star Trek.“
„Und deine Story klingt nach American Werewolf. Wir nennen uns die Animorphs.“
„Was bedeutet das?“
„Becknackte Teenager mit Todessehnsucht. Nein, es bedeutet Animal Morpher.“
Wir lachten beide in Gedanken. Jeder erzählte dem anderen sein menschliches Leben. Tobias war ein Junge, der von Schlägertypen angezogen wurde wie Fliegen von Kacke. Er hatte keine Eltern, wurde dauernd zwischen Tante und Onkel hin und her geschoben. Zum Schluss zeigte jeder von uns seine menschliche Gestalt.
Tobias machte sich in den Himmel davon und ich verließ den Wald durch das Unterholz.
Wirklich, ein netter Zeitgenosse, dieser Tobias.

Meine Mom hatte einen Aufstand gemacht als ich nach fast einer Woche von Steffen zurückkam. Sie hatte sich Sorgen gemacht und mir Hausarrest aufgebrummt. Das konnte mich allerdings nicht aufhalten. Ich verwandelte mich in einen Werwolf und kletterte einfach an der Hauswand runter. Dann rannte ich durch die Stadt. Natürlich sehr vorsichtig, dass ich nicht gesehen werde. Überall sah ich dieselben Flugblätter: Besucht den Freundschaftsclub! Spaß und tolle Freizeitaktivitäten garantiert!
Der Freundschaftsclub. Davon hatte ich schon gehört. Er ist sehr beliebt und hat viele Mitglieder. Und jedes Mitglied, das ich kenne, erzählt nur Gutes über den Club. Vielleicht sollte ich auch mal beitreten.
Am nächsten Tag ging ich gleich nach der Schule ins sogenannte Hauptquartier, wie es genannt wurde. Es war einfach nur ein Büro im Rathaus eingerichtet, in dem die Bewerbungen angenommen wurden. Am Tisch saß ein alter Mann um die 70. Er sah mich streng an. Er könnte glatt der Mann meiner Lehrerin sein. So wie der guckt.
„Was kann ich für dich tun?“ Seine höfliche Tonart brachte mich etwas aus dem Takt. So nett hatte ich ihn nicht erwartet.
„Ich wollte mich für den Freundschaftsclub anmelden“, sagte ich.
„Ach ja, na dann musst du dieses Formular ausfüllen. Du kannst es morgen wiederbringen oder gleich ausfüllen, ganz wie du willst.“
„Ich fülle es gleich aus“, entgegnete ich blitzschnell aus Angst, noch einen Rückzieher zu machen.
Ich warf einen Blick auf das Formular. Es waren unter anderem recht seltsame Fragen vorhanden. Verwandte, die bereits Mitglied sind. Was für ein Amt/eine Position ich habe. Das kam mir schon ein wenig seltsam vor, aber ich füllte alles aus.
„Ich danke dir für deine Teilnahme“, sagte der alte Mann, als er das Formular entgegen nahm. „Du erhältst Ort und Zeit aller Treffen auf telefonischem Wege.“
„Okay, auf Wiedersehen.“
Gleich am nächsten Tag bekam ich einen Anruf. Am Apparat war eine Männerstimme. „Guten Tag, spreche ich mit Alexander?“
„Ja“
„Hier spricht der Vorsitzende des Freundschaftsclubs. Mein Name ist Arthur Weber.“ Mir stockte zunächst der Atem. Das war mein Schuldirektor. Wie kann er gleichzeitig Direktor sein und einen ganzen Club leiten?.
„Zur Begrüßung werden alle neuen Mitglieder auf ein Willkommensfest eingeladen. Willst du daran teilnehmen?“
„Klar“, antwortete ich sofort.
„In Ordnung. In einer Stunde wird dich ein Wagen abholen, einverstanden?“
„K-klar doch“, stammelte ich. Das ging ja fix, dachte ich.
Eine Stunde später war schon ein Kleinbus vorgefahren. Darin waren Jugendliche in meinem Alter, allerdings auch Erwachsene, die schon über 30 zu sein schienen.
Wir hielten vor meiner Schule. Ich wunderte mich, was das sollte. Als wir ausstiegen, erblickte ich meinen Direktor.
„Folgt mir bitte“, wies er uns an.
Wir folgten ihm in die Schule. Wir gingen in das Jungenklo. Links direkt nach dem Eingang waren zwei Türen. Wir nahmen die hintere. Es war eine kleine Abstellkammer mit Eimern, Besen und Wischmopps. Weber ging zum Waschbecken und bog den Wasserhahn zweimal nach links und einmal nach rechts. Direkt neben dem Waschbecken öffnete sich die Wand. Einige wollten bestimmt einen Rückzieher machen. Doch sie wurden von den hinteren Mitgliedern nach vorn geschubst.
Weber wies mich an, an ihm vorbeizugehen, weil ich ihm am nächsten stand. Zaghaft ging ich eine Steintreppe hinunter. Die Wände bestanden nicht länger aus Keramikplatten, sondern aus gewöhnlichem Stein. Der Gang wurde nur von Kerzen in Kronleuchtern an den Wänden beleuchtet. Immer weiter ging ich hinunter bis ich Schreie vernahm. Verzweifelte, nach Hilfe rufende Schreie. Sollte das eine Überraschung wegen Halloween sein? Ich ging immer weiter und erreichte nach einigen Minuten das Ende des Ganges. Und was ich da sah, ließ mir den Atem stocken: ich sah in eine Höhle von der Größe einer Stadt, aber das war nicht alles. Ich sah hunderte von Käfigen, in jedem waren mindestens 15 Menschen eingesperrt. Überall sah ich seltsame Wesen rumlaufen. Einige sahen aus wie Tausendfüßler. Allerdings waren sie so groß, wie ein ausgewachsener Mann und hatten ein kreisrundes Maul, bestückt mit mehreren Zahnreihen wie bei Haien. Die anderen sahen noch Furcht erregender aus. Sie waren über zwei Meter fünfzig groß. Sie hatten einen Kopf wie eine Schlange. Sie hatten überall seltsame Klingen, wie große Küchenmesser nur schmaler. An den Ellebogen, den Knien, den Handgelenken, am Kopf und am Schwanz. Dazu hatten sie riesige Füße wie die, eines Tyrannosaurus. In der Mitte dieser Stadt waren zwei riesige Becken, gefüllt mit einer Flüssigkeit von der Farbe geschmolzenen Bleis. Und in dieser Brühe waren graue Nacktschnecken.
Hinter mir kam der Rest der Gruppe und bestaunte diese unterirdische Stadt. Plötzlich kamen zwei von den Tyrannofüßlern und zerrten mich zum ersten Becken. Die Leute in den Käfigen riefen mir komische Sachen zu: „Mach das du wegkommst! Lass dich nicht versklaven!“
Wieso versklaven? Was würde denn am Becken passieren?
Plötzlich vernahm ich ein Brüllen, wie ich es noch nie gehört hatte. Ich drehte mich um und erkannte einen Tiger, einen Elefanten, einen Wolf und einen Gorilla die Treppe runterstürzen. Die beiden Aliens ließen mich los. Und ich sah Tobias hinterher fliegen. Ich winkte ihm zu. Als er mich sah, klang er sehr wütend.
„Alex, was tust du hier? Mach, dass du hier wegkommst!“
Ich wusste nicht warum, aber ich beschloss seinem Ratschlag einfach zu folgen. Ich riss mich von den beiden Schlangenköpfen los und rannte auf den Eingang zu. Vor dem Tiger blieb ich allerdings stehen. Er ging mir aus dem Weg und sagte: „Geh durch, ich tu dir nichts.“ Genau wie Tobias und ich kommunizierte er mit Gedankensprache.
Ich rannte und rannte. Bis ich nicht mehr konnte. Ich könnte mich locker verwandeln, dann wäre der Rest ein Spaziergang. Aber dann wäre auch mein Geheimnis aufgeflogen.
Einige Minuten später kam Tobias vorbei.
„Alex, was zum Teufel hast du da unten gemacht?“
Ich erklärte ihm die ganze Sache. Als ich geendet hatte, stöhnte er in Gedanken auf.
„Der Freundschaftsclub ist eine Tarnorganisation für Wirte für die Außerirdischen, von denen ich dir erzählt habe. Ich glaube, du solltest doch eingeweiht werden.“
„Hä? Wie eingeweiht?“
„Wirst schon sehen“ Mit diesen Worten flog er davon.
Gleich am nächsten Tag klingelte die Antwort an der Tür. Ein hochgewachsener Junge mit braunen Augen und braunen Haaren stand da.
„Hallo“, sagte er. „Bist du Alex?“
Ich nickte.
„Okay, mein Name ist Jake. Ich komme wegen Tobias. Er will mit dir was bereden. Ich soll dich zu ihm bringen.“
„Na gut“, sagte ich. Ich folgte ihm in einen Bus, mit dem wir ans Ende der Stadt fuhren, das von einem Wald umgeben war. Er führte mich zu einer Scheune. Dort war einiges los. Lauter Käfige mit verschiedenen Tieren. Dachse, Füchse, verschiedene Vogelarten, sogar zwei Wölfe, Waschbären und Frettchen. Alle hatten eines gemeinsam: sie waren in irgendeiner Weise alle verletzt. War wohl sowas wie eine Tierarztpraxis. Oben im Dachgebälk saß Tobias. Er flog runter und machte es sich auf einem Heuballen gemütlich.
„Willst du ihn wirklich aufnehmen?“, fragte Jake.
„Ich bin mir todsicher.“, sagte Tobias.
„Okay, ich warte draußen.“
Jake ging raus und ließ uns allein. Erwartungsvoll sah ich zu Tobias.
„Es geht um die Sache, die gestern beim Freundschaftsclub passiert ist. Zunächst erzähle ich dir wie ich zu meinen Morphingkräften gekommen bin. Als ein Andalit namens Elfangor abgestürzt ist, warnte er uns vor den Yirks. Yirks. Das sind graue Nacktschnecken. Sie kriechen anderen Lebewesen ins Ohr, winden sich um das Gehirn und übernehmen die Kontrolle über den Wirt. Einen solchen infizierten nennen wir Controller. Als solcher hast du keine Kontrolle über deinen Körper und der Yirk kann all deine Gedanken lesen. Es wurden mehrere Rassen bereits von ihnen infiziert. Du hast gestern zwei von ihnen kennengelernt. Die riesigen Tausendfüßler waren Taxxons. Das sind freiwillige Wirte. Von denen ist keiner mehr frei. Die anderen waren Hork-Bajirs. Es gibt auch keine freien Hork-Bajirs mehr. Yirks haben nur eine Schwachstelle. Sie müssen alle drei Tage einen Yirkpool aufsuchen und Kandrona tanken. Das war der seltsame Swimmingpool, den du gesehen hast. Wir haben auch noch Elfangors jüngeren Bruder Ax gefunden. Wir haben vor, dich zu einem von uns zu machen. Du sollst ein Animorph werden. Noch Fragen?“
„Ja. Warum ich?“
„Weil du in großer Gefahr bist. Du hast Yirks in ihrer natürlichen Gestalt gesehen und die Wahrheit erfahren. Jetzt sind sie natürlich auf der Suche nach dir.“
„Was ist eigentlich mit Elfangor passiert?“
„Er wurde ermordet. Von Visser Drei. Dem einzigen Andaliten - Controller. Er hat als einziger Yirk die Macht zum Morphen.“
„Okay, und wann lern ich die anderen kennen?“
„Jetzt“, sagte Tobias und flog durch die Hintertür raus. Ich folgte ihm. Draußen standen fünf Jugendliche. Jake, zwei Jungs und zwei Mädchen. Jake ging auf mich zu.
„Also, dann stell ich dir mal den Rest der Truppe vor. Das hier ist Marco, mein bester Freund.“ Er deutete auf den kleinsten Jungen. Er hatte braune Augen und schwarze Haare.
„Das hier ist meine Cousine Rachel. Sie ist die Mutige unter uns. Wenn du mal bei einem Kampf jemanden an deiner Seite brauchst, frag sie. Sie räumt dir den Weg frei.“ Er zeigte auf das große, blonde Mädchen. Sie hatte blaue Augen und eine sportliche Figur.
„Das hier ist meine Freundin Cassie. Ihr gehört diese Pflegeklinik. Ihre Mutter arbeitet bei den Gardens. Du weißt schon, der Zoo.“ Er wies auf das kleinste Mädchen hin. Sie hatte kurze gelockte Haare und ein auffälliges Muster an Vogelkacke auf ihrer Jeans.
„Und das hier ist Ax in seinem Menschenmorph. Er besteht aus DNS von uns vieren. Gib auf seinen Appetit acht. Stell dich niemals zwischen ihn und einen Krapfen.“ Der letzte Junge sah fast wie ein Mädchen aus. Das lag aber vor allem an den Augen. Er trat nach vorn und streckte mir die Hand entgegen.
„Herzlich Willkommen. Willkommen. Wiiiiil. Komääään. Wilkoomääään.“
„Was ich vergessen hab zu erwähnen“, setzte Jake hinzu. „Andaliten haben keinen Mund, deshalb spielt er immer mit den Lauten. Ax, morph dich zurück. Cassie hol die Bluebox.“
„Sie heißt Escafilator. Escaaa. Filatuuuooooor. Fila. Fila.“
Ax veränderte sich langsam. Ihm wuchsen zwei Beine aus dem Bauch. Er bildete einen pferdeähnlichen Körper. Plopp! Ihm schossen zwei Stielaugen aus der Stirn. Ein gefährlicher Schwanz stieß ihm durch das Steißbein. Er sah aus wie der eines Skorpions mit einer gefährlich aussehenden Klinge. Ihm wuchs blau-goldenes Fell. Sein Mund und seine Nase wurden ausgesogen und bildeten nur noch zwei Schlitze. Da stand nun ein leibhaftiger Andalit vor mir. Wahnsinn. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Cassie bereits mit einer blauen Box in der Hand dastand. Auf der Box waren viele Symbole, die ich nicht entziffern konnte. Ax nahm die Box entgegen.
„Lege deine Hand auf eine Seite“, wies er mich an.
Ich berührte die Box und Ax schloss die Augen. Alle vier. Ich erwartete, dass nun irgend etwas passierte. Aber es geschah nichts. Ax riß die Augen auf. Die Verwunderung war ihm nicht schwer anzuerkennen.
„Es ... es geht nicht. I-ich kann ihm die Morphingkräfte nicht weitergeben.“
„Was?“, fragte Marco. „Ist die Bluebox kaputt?“
„Ausgeschlossen. Ich habe sie überprüft. Sie ist noch völlig intakt.“, wiedersprach Ax. „Es gibt nur noch eine Erklärung. Er muss -“
Plötzlich kam ein ohrenbetäubender Lärm. Ein Helikopter überflog das Grundstück.
„Schnell alle verstecken!“, rief Jake. Ich flitzte schnell zum nächstgelegenen Baum und versteckte mich. Die anderen auch. Ax sah recht auffällig aus. Aus dem Helikopter wurde ein Seil runtergelassen. Dort ließen sich langsam fünf Hork-Bajirs hinab. Sie erblickten Ax sofort.
„Harfnash! Gishtran Andalit revnichnen!“, riefen einige.
„Prinz Jake! Entfernt euch lieber, bevor sie euch entdecken! Ich halte sie auf und komme sofort nach.“, rief Ax.
Plötzlich packte mich eine Hand von hinten. Ich drehte mich um und sah Marco ins Gesicht. „Du hast doch gehört, was er gesagt hat. Abhauen lautet die Devise.“, flüsterte er mir zu.
„Mag sein“, sagte ich. „Aber ich werde ihn nicht im Stich lassen.“ Ich begann mich zu verwandeln. Mir spross Fell. Meine Ohren rutschten nach oben und mein Maul wurde länger, während es immer mehr von scharfen Zähnen bestückt wurde.
„Was zum ... du kannst morphen?“, fragte Marco.
Ich kümmerte mich nicht um Marco, sondern trat aus den Bäumen hervor. Die Hork-Bajirs sahen mich verblüfft an.
„Tötet Andaliten! Lechjaun grülb! Alle!“
Ich knurrte tief und rannte auf den ersten Hork-Bajir zu. Ein Hieb mit meiner Pranke und er lag K.O. Der nächste schlug mit seiner Ellenbogenklinge zu. Ich wurde tief getroffen, aber ich spürte, wie die Wunde noch im selben Moment zu heilen begann. Ich biss ihn in den Hals und er rührte sich nicht mehr. Zwei sprangen mich von vorne an. Das konnte ich unmöglich blocken.
ZAWAPP!
ZAWAPP!
Ax schlug mit seinem Schwanz zu und ein Hork-Bajir hatte nur noch einen Arm. Der andere Hork-Bajir wurde von mir aufs Kreuz gelegt. Plötzlich mischten sich noch ein Gorilla, ein Bär, ein Tiger und ein Wolf in das Getümmel ein. Der letzte Hork-Bajir hielt es für das Beste, das Weite zu suchen.
Wir morphten uns alle zurück. Ich konnte also schon morphen. Wow! Alle sahen mich mit großen Augen an.
„Warum zum Henker kannst du morphen?“, wollte Rachel wissen.
„Bist du nicht auch ein Andalit? Vielleicht sowas wie Elfangors Enkel oder so?“, sagte Marco.
„Nein“, antwortete ich. „Ich bin ein Werwolf.“ Ich erzählte, wie ich vom Wolf gebissen wurde und mich verwandelt hatte.
„Deshalb hatte der Escafilator nicht funktioniert“, sagte Ax. „Man kann jemandem die Morphingkräfte nicht verleihen, wenn man sie schon besitzt. Ich vermute, dass dieser Wolf, der dich gebissen hat, eine Art Virus von den Yirks hatte. Manchmal hinterlassen sie Viren in einem Gebiet. Dann kann es schon mal vorkommen, dass ein Lebewesen dadurch mutiert.“
Jake sah Ax an. „Ist das nicht ein wenig gefährlich, wenn da solche Viren einfach rumliegen?“
„Nicht ganz. Die Viren haben nur Überlebenschancen, wenn sie sich in einem fremden Organismus aufhalten. An der frischen Luft sterben sie innerhalb von wenigen Stunden.“
„Ich hätte allerdings eine Frage: Kann ein Freund bei uns mitmischen?“
Alle drehten sich zu mir um. Jake sah mich streng an. „Hör mal, es war eine Ausnahme, dass du bei uns mitmachen durftest. Tobias hielt dich für vertrauenswürdig. Und außerdem bereits morphingfähig.“, er blickte Tobias vorwurfsvoll an. „Ich bin nicht wirklich dagegen, aber du solltest sicher sein, dass er uns nicht verpfeift. Ich will ja keine Vorurteile haben, aber wir haben schon sehr unliebsame Erfahrungen gemacht. Bring ihn einfach mal mit und wir schauen mal, wie er so drauf ist. Fahren wir da fort, wo wir vorhin stehen geblieben sind. Wir werden dir helfen, DNS zu kriegen, wo wir können, aber vielleicht musst du mal alleine losgehen. Pass auf, wenn du die DNS eines Tieres aufnehmen willst, musst du dich auf das Tier konzentrieren. Du musst dir vorstellen, wie du dich in das Tier verwandelst.“
„Am besten teste ich das erst mal.“, sagte ich.
„Aber tu mir einen Gefallen“, sagte Jake. „Lege dir so viele Morphmuster zu, wie es geht. Bereite dich auf alle Situationen vor. Du brauchst Kampfmorphs für Wasser, Land und Luft. Einige Insektenmorphs. Vogelmorphs. Ein Wolfsmorph. Und am besten noch einen Delfinmorph. Wir können dir helfen, sie zu besorgen.“
Ich dachte an die Insektenmorphs und stellte mir eine Fliege unterm Mikroskop vor. Bei der Vorstellung lief mir ein Schauder über den Rücken.
„Du musst aber eine Sache bedenken“, sagte Cassie. „Wenn man sich das erste mal in ein Tier morpht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, durch die Instinkte die Kontrolle zu verlieren.“
„Wie beim Werwolf“, sagte ich. „Ihr müsst da was wissen. Das erste mal hab ich wirklich die Kontrolle verloren. Ich hab Leute abgeschlachtet wie ein durchgedrehter Rasenmäher. Ich hab sie gnadenlos niedergemetzelt.“
Daraufhin sahen mich alle mit großen Augen an. „Wann ist Vollmond?“, wollte Marco wissen.
„Hey, ich hab mich unter Kontrolle, kapito?“
Ich sah eine Fliege in der Luft schwirren. Ich pirschte mich vorsichtig an, als sie sich auf einem Tisch niederließ. Ich fuhr mit der Hand zurück und schnappte mir die Fliege blitzschnell, ohne sie zu zerquetschen.
„Also nur konzentrieren und die DNS gehört mir“, sagte ich. Ich konzentrierte mich auf die Fliege und bemerkte gleich, wie die DNS in mir überging. Ich ließ sie wieder fliegen.
„Eine Fliege hätte ich schon mal“, sagte ich grinsend. „Gefährlich, oder?“ Alle lachten. Als nächstes begleitete mich Cassie zu den Gardens, wo ich mir weitere Morphmuster zulegen sollte. Es ging außer Cassie noch Marco mit. Aber nur die beiden, weil zu viele zu aufmerksamkeitserregend wären. Ich dachte bereits angestrengt über Jakes Worte nach.
„Ich weiß schon meine Vogelmorphs. Ein Steinadler ist gut für Angriffe aus der Luft. Ein Wanderfalke, wenn ich mal abhauen müsste. Meinst du, das reicht?“
„Ne, im Leben nicht. Du hast gut mitgedacht, aber ein paar Dinge ausgelassen. Für die Nacht empfehle ich dir eine Eule. Ein Fischadler kann mit nassen Flügeln fliegen. Und eine Möwe, wenn wir uns mal in die Öffentlichkeit wagen müssen.“
Ich nickte. Ich hatte alles im Kopf. Mir fielen zwei weitere Morphs ein.
„Ich wäre am liebsten eine Schlange. Vielleicht eine Königskobra. Oder ein Inland-Taipan. Als Kampfmorph ein Löwe.“
Sie sahen mich streng an. Ich blickte verwirrt zurück. „Hab ich was Falsches gesagt?“
„Das nicht, aber der letzte Animorph, den wir beseitigten mussten, hatte exakt die selben Morphs. Er hat sie allerdings missbraucht“, erzählte Marco mit düsterer Miene.
„Wie das?“
„Er wollte sie dazu benutzen, um Banken auszurauben und alle möglichen Verbrechen zu begehen. Er wollte seine eigene Animorph – Clique gründen.“
„Und das hat nicht zu euch gepasst und ihr musstet ihn loswerden. Verstehe.“ Ich beschloss lieber nach ihrer Pfeife zu tanzen, bevor sie mich auch entsorgen müssen. Ich wollte gar nicht erst wissen, wie. Ich nahm mir vor, Steffen einfach mal mitzunehmen. Mir würde schon ein guter Grund einfallen.
Wir gingen durch einen Hintereingang mit der Aufschrift „Nur für Personal“. Cassie blickte zu mir zurück. „Wenn wir erwischt werden, sitz ich in der Tinte. Meine Mom arbeitet hier. Sollte uns jemand schnappen, hab ich Hausarrest bis ich 30 bin. Also, wenn du einen Wachmann siehst, lauf, was das Zeug hält.“
Wir gingen durch die Tür in einen Gang. Er war gut ausgeschildert, aber ich denke, ich hätte mich trotzdem übel verlaufen.
„Also, da geht es zu den Freiluftgehegen“ erklärte Cassie. „Raubkatzen, Bären, Nashörner usw. Da gibt es das Reptilienhaus, links ist die Falknerei. Nach rechts geht es zum Delfinarium. Was willst du zuerst?“
„Freiluftgehege“, sagte ich. „Ich will der König des Jungels sein.“ Beide sahen mich seltsam an.
„Das war ein Witz. Werdet ihr wohl auch mal lachen?“
„Sorry, Alex, der Witzemacher-Titel ist schon vergeben“, sagte Marco und tätschelte mir auf die Schulter. „Zum Trost werde ich bei einigen Witzen zumindest grinsen. Du willst also einen Tigermorph wie Jake?“
„Nein, einen Löwenmorph. Wenn es Jake mit einem Tiger aufnehmen konnte, schaff ich doch einen Löwen, oder?“
Beide sahen mich an, als würde ich gerade einen Sprung vom Eifelturm ankündigen. Cassie zeigte mir das Freiluftgehege. Es war unterteilt in den Bereichen Raubkatzen, Ziegen und Böcke, Savannentiere (Elefanten, Nashörner, Zebras usw.), die Falknerei und ein Delfinbecken mir fünf Delfinen und zwei Killerwalen. Zuerst übernahm ich den Delfin und den Killerwal. Das war nicht weiter schwer, ich musste sie nur streicheln, wenn sie am Beckenrand vorbeischwammen. Kniffliger wurde die Sache beim Löwen.
Ich trat durch die Tür die zum Löwenabschnitt führte. Cassie und Marco wollten mich noch abhalten, aber mein Entschluß stand fest. Ich schritt langsam durch das Dickicht. Es glich eher einem Jungel, als die für Löwen typische Savanne. Dann fiel mir ein, dass es auch das Tigergehege sein könnte. Aber Cassie hat mir doch die richtige Tür gezeigt und auf dem Schild war ein Löwe abgebildet.
Plötzlich nahm ich einen Geruch wahr, wie ich ihn nur bei Katzen erlebt hatte. Also musste ein Löwe oder Tiger oder sonst eine Katze in der Nähe sein.
Raschel! Raschel!
Ich blickte nach links.
Raschel! Raschel!
Hinter mir!
Ich duckte mich gerade noch rechtzeitig, um dem Sprung des Löwen auszuweichen.
Gerade noch rechtzeitig. Der Löwe machte eine Rolle und drehte sich wieder zu mir. Ein Glück, dass ich noch meine Werwolfsinstinkte hatte. Der Löwe war ganz schön schnell. Der wird mir gute Dienste leisten. Ich ging langsam auf ihn zu. Er umkreiste mich langsam. Ich setzte sachte meine Hand auf seine Flanke. Er zuckte nicht mal. Ich begann mit der Übernahme. Er wurde ruhig und schläfrig wie alle Tiere bei der Übernahme. Jetzt konnte ich mich unbesorgt rausschleichen. Ich grinste Cassie und Marco zu und reckte einen Daumen nach obern. Beide grinsten zurück.
Als nächstes kam die Falknerei dran. Als die Tür ins Blickfeld kam, beschleunigte ich meine Schritte vor Freude. Plötzlich kam jemand aus der Tür heraus. Ein Mann im Alter von etwa Mitte sechzig mit kakhikfarbener trat heraus und sah uns erstaunt an.
„He Kinder, das ist kein Platz für euch. Ihr dürft nicht hier sein.“
Wie vorher besprochen teilten wir uns in verschiedene Richtungen.
Ich bog nach links ab. Ich rannte an verschiedenen Türen vorbei. Irgendwann entschloß ich mich eine zu nehmen. Ich las nicht erst das Schild, sondern ging hinein ohne zu gucken. Es war stockfinster bis auf ein paar rechteckige leuchtende Flächen. Terrarien. Ich konnte verschiedene Schlangen, Eidechsen und Fledermäuse. Das war die Gelegenheit für ein paar neue Morphs. Ich griff in einen Glaskasten und übernahm einen Kielschwanzleguan. Danach eine Vampirfledermaus. Zuletzt würde ich gerne eine Texasklapperschlange übernehmen, aber ich wollte mich nicht unbedingt vergiften. Dann dachte ich an Jakes Worte. Das Morphen verläuft über die DNS.
Würde ich also vergiftet werden, könnte ich mich vom Gift wegmorphen. Zumindest theoretisch. Ich hatte weder Zeit noch Lust, jemanden zu suchen oder um Rat zu fragen und griff blitzschnell in das Terrarium. Ich packte die Schlange knapp hinter dem Kiefer, dass sie mich nicht beißen konnte. Ich übernahm sie und legte sie zurück. Und das ohne mich zu vergiften. Ich staunte über mich selbst.
TAPP! TAPP! TAPP!
Laute Schritte. Zeit, hier zu verschwinden. Ich konzentrierte mich auf die Schlange. Als erstes wuchs mir ein kleines Horn auf der Nasenspitze. Auf meiner Haut bildeten sich die Konturen der Schuppen. Währendessen schrumpfte ich ziemlich stark. Nach einer Minute wurden aus den Konturen dreidimensionale Schuppen. Meine Zunge wurde dünn und spitz. Meine Füße verschmolzen zu einer Rassel. Meine Zähne wurden aufgesaugt und durch zwei einzelne Eckzähne ersetzt.
Nach zwei Minuten war ich eine Klapperschlange. Eines der schnellsten Tieren der Welt. Eine Klapperschlange konnte mit bis zu 300 km/h zuschlagen. Der Verstand war simpel. Die Schlange war im Dunkeln, das heißt sie war geschützt. Keine Gefahr. Sie verspürte einen leichten Hunger. Nach einem großen Insekt oder einem kleinen Säugetier. Alle fünf Sekunden kam meine Zunge herausgeschnellt, um die Luft um mich herum zu prüfen.
Raus und lüdellüdellüdel wieder rein.
Raus und lüdellüdellüdel wieder rein.
Meine Ohren waren extrem empfindlich. Ich konnte leiseste Schwingungen wahrnehmen, die mir als Mensch bestimmt verborgen gewesen wären. Ich konnte nicht wie ein Mensch sehen, aber ich konnte verschiedene Temperaturen erkennen. Verrückte Farben spielten sich überall ab.
WAMM! WAMM! WAMM!
Schritte. Ich nahm die S-förmige Haltung ein und schlängelte mich vorwärts. Mit meinen Sinnen kam ich ungesehen an allen Wachen vorbei. Draußen suchte ich mir eine dunkle Gasse und morphte mich zurück. Ich ging nach Hause und rief Jake an. Er hatte Cassie und Marco vor einer Stunde gesehen. Marco wollte wetten, wann und in welchem Morph ich rauskäme, hat es aber gelassen. Keiner wurde erwischt oder gesehen.
Um elf Uhr zog ich meinen Pyjama an und ging ins Bett.
Morgen nehm ich Steffen mit. Zu Zweit ist es doch lustiger...
Zur Mittagszeit ging ich bei Steffen vorbei und holte ihn ab. Er war voll baff als ich ihm sagte, er würde sich bald in ein Tier verwandeln können. Mit dem Bus fuhren wir zu Cassie’ s Farm. Alle waren schon da; Ax im Menschenmorph.
„So Leute, hier ist Nummer acht unserer kleinen Privatarmee“, verkündete ich lautstark.
Jake kam auf mich zu. Die Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er zog mich in die Scheune. Dort ließ er seinem Ärger freien Lauf.
„Bist du völlig bekloppt? Was hast du ihm erzählt?“
„Einiges. Hör mal, er hat mir schon mal beim Morphen zugesehen. Wird er ein Controller, kann er mich verraten. Und dann sitzt ihr alle in der Scheiße.“
Jake schien noch mit sich selbst zu ringen. Dann sagte er „Mach doch, was du willst“ und ging raus. Ich folgte ihm und erwiderte Steffen mit breitem Grinsen. „Bist dabei, Mann!“
Steffen seufzte erleichtert auf. Als nächstes übertrug Ax ihm die Morphingkräfte. Dieses Mal ohne Probleme. Er und ich übernahmen in der Scheune einen Fischadler und eine Taube. Danach ging es ab zu den Gardens. In Begleitung von Cassie. Sie hatte ihre Mutter gefragt, ob sie ein paar Freunde drinn rumführen durfte und sie hat ihr prompt ein paar Mitgliederausweise in die Hand gedrückt, die sie an uns alle weitergab. Dieses Mal gingen Jake und ich mit. Jake traute Marco wohl nicht und ich brauchte ein paar Morphs mehr. Wieder durch den Hintereingang, den Gang entlang. Wir besorgten Steffen einen Delfinmorph und einen Killerwalmorph. Das nächste Ziel war die Falknerei. Ich war schon ganz hibbelig. Ich übernahm dort einen Wanderfalken, Steffen einen Turmfalken. Wir beide suchten uns einen Waldkauz. Ich entschied mich noch zusätzlich für einen Steinadler und Steffen für einen Kaiseradler.
Steffen ging danach in das Gehege mit den Raubkatzen. Einige Minuten später kam er schwer atmend wieder herausgestürmt. Wir fragten ihn, was er übernommen hatte, aber er war irgendwie nicht ansprechbar. Als nächstes ging es zu den nachtaktiven Tieren und Reptilien.
Ich hatte ja schon eine Fledermaus, Schlange und Leguan. Nun war Steffen an der Reihe. Er wollte allerdings nur eine Fledermaus, Schlangen mochte er nicht besonders. Er griff in den Glaskasten und wurde sofort attackiert. Ein Dutzend Vampirfledermäuse kratzten und bissen ihn mehrmals in die Hand. Steffen kniff vor Schmerzen die Lippen zusammen. Er bekam eine Fledermaus am Hals zu packen und übernahm sie möglichst schnell. Die Hand sah übel aus. Sie war an vielen Stellen aufgerissen und hatte viele Bissspuren. Steffen band sich ein Taschentuch um die Hand und es ging wieder raus.
Diese Fledermäuse sind mir eine Spur zu agressiv. Sind sie auch von diesem Virus der Yirks befallen?
Wie Steffen sich das Taschentuch um die Hand wickelte erinnerte mich an die Nacht, als ich vom Wolf gebissen wurde.
Hoffentlich mutiert Steffen nicht auch noch...
Ich hatte erst am Vortag einen Mondkalender in der Hand gehabt. Verzweifelt versuchte ich mich an den Termin des nächsten Vollmondes zu erinnern.
Übermorgen? Nein. Sonntag? Glaub ich nicht. Irgendwann nächste Woche? Wahrscheinlich ... Dienstag bestimmt ... Ja, das könnte sein ...
Aber sicher war ich mir nicht. Wenn Steffen nun auch infiziert ist, wird er sich nächsten Vollmond verwandeln. Ich beschloss zu Hause noch einmal nachzusehen. Wir beeilten uns rauszukommen, bevor jemand uns aufhielt. Ich ging rasch nach Hause und suchte die Zeitung mit dem Mondkalender. Meine Mutter stand die ganze Zeit im Flur und sah aus, als wolle sie was sagen. Ich sah sie fragend an. Sie grinste hämisch zurück. Irgendwas gefiel mir daran nicht. Und Jenny. Sie hatte denselben Gesichtsausdruck.
„Sag mir Namen und Codenummer“, verlangte Mom.
„Häh?“
„Ach, komm, stell dich nicht so an“, quängelte Jenny. „Es geht das Gerücht um, d

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Chu-Nin

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27.11.2005 17:06
#2 RE: Adventure @ Fullmonn Antworten

hier gehts weiter:

„Ach, komm, stell dich nicht so an“, quängelte Jenny. „Es geht das Gerücht um, dass du keiner von uns bist.“
„Und was soll das heißen? Hast du endlich bemerkt, dass ich der einzige Mann im Haus bin?“ Ich lachte kurz.
„Nein, du bist angeblich kein Controller.“
Mein Herz setzte aus. Für einen Moment schien die Zeit still. Ich vergaß komplett zu atmen. Sie hatten mich erwischt.
Nur die Ruhe, Alex. Tu einfach so als würdest du dazugehören ...
„Klar, bin ich ein Controller. Warum auch nicht?“, entgegnete ich locker.
„Dann sag Namen und Codenummer!“, schrie meine Mutter.
Ich kannte natürlich keine yirkanischen Codenummern. Ich war geliefert. Mom zückte einen Draconstrahler und richtete ihn auf mich.
„Sag mir Namen und Codenummer oder du wirst in Rauch aufgehen!“
„Halt, Illak. Wir haben einen Pakt.“, rief Jenny dazwischen.
„Aber er ist einer von ihnen. einer von den andalitischen Banditen. Der Visser wäre hocherfreut ...“
„Nein, hab ich gesagt. Wir haben eine Abmachung. Bitte, wenn du die Kontrolle verlieren willst, nur zu.“
Ich schaute beide fragend an. Mom ließ den Draconstrahler sinken und steckte ihn weg.
„Dieses Gespräch hat niemals stattgefunden, damit das klar ist.“
Ich nickte und ging in mein Zimmer. Dort schloss ich die Tür ab, öffnete das Fenster und flog, als Waldkauz gemorpht, zu Cassie’ s Farm. Dort flog ich solang gegen das Fenster bis sie aufwachte. Ich erklärte ihr die Lage und sie sagte, sie wolle lieber Jake zu Rate ziehen.
„Aber du scheinst nicht wirklich in Gefahr zu sein. Ich glaub, du kannst unbesorgt nach Hause.“
Ich entdeckte bei Cassie auf dem Boden die Zeitschrift, die ich schon zu Hause vergeblich gesucht habe. Ich schlug den Mondkalender auf ... und mir stockte der Atem. Heute ist Vollmond. Ach du Scheiße. Ich verabschiedete mich von Cassie, sprang einfach aus ihrem Fenster (im zweiten Stock!) und rannte so schnell es ging zu Steffen. Im Laufen morphte ich mich in einen Werwolf. Als Kauz könnte ich von anderen Eulen angegriffen werden und ich wollte gleich bei meiner Ankunft in einem kampffähigen Morph sein.
Ich kam schließlich bei ihm an und musste erschreckend feststellen, dass ich zu spät war. Steffens Zimmer war völlig verwüstet und das Fenster war eingeschlagen. Vermutlich war er daraus getürmt. Ich suchte den Wald nach ihm ab. Zum Glück haben Wölfe eine gute Ausdauer, sonst wäre ich längst aus den Latschen gekippt. Plötzlich nahm ich einen neuen Geruch wahr. Er war ähnlich wie der Geruch des Fledermauskäfigs. Ich sah mich in alle Richtungen um. Über mir sah ich einen dunklen Schatten schweben. Ich sah ihn noch kurz an, bevor er heruntergestoßen kam. Es war Steffen, aber er hatte sich radikal verändert. Er hatte zwei riesige schwarze ledrige Flügel und ihm waren zwei spitze Zähne gewachsen. Er hatte riesige Krallen an Händen und Füßen. Außerdem ist er gewachsen. Er maß bestimmt schon zwei Meter(so wie ich). Und seine Augen. Sie waren wie meine, als ich mich nach einigen Wochen zu verwandeln begonnen hatte. Leer. Leer und voller Hunger nach Blut.
Er stürzte sich herab, warf mich um und landete auf mir. Er begann mich zu würgen. Dann lehnte er sich zurück und schoss mit dem Kopf herunter. In allerletzter Sekunde riß ich den Kopf zur Seite.
Puh, war das knapp. Wenn er mich beißt, bin ich tot.
Ich habe schon öfter den Film Underworld gesehen, in dem es um Werwölfe und Vampire geht. Da habe ich folgendes gehört: sowohl Vampire als auch Werwölfe sind die Ergebnisse eines Virus. Es sind jedoch zwei verschiedene Viren. Und sie vertragen sich nicht besonders. Sollten sie zusammengemischt werden, vernichten sie den Wirtskörper. Wenn ein Werwolf also von einem Vampir gebissen wird, stirbt er. Natürlich auch umgekehrt.
Ich hatte die ganze Zeit die starken Instinkte des Werwolfes unterdrückt. Jetzt ließ ich komplett von ihnen ab und überließ dem Werwolf das Kämpfen. Und als ich komplett die Kontrolle löste, bemerkte ich etwas seltsames: ich hatte ein zweifaches Bewusstsein. Ich hatte meinen Körper nicht nur für mich allein. Der Werwolf war auch noch da. Und ich konnte ihn sehen. In mir drin. Irgendwie, fragt mich nicht warum oder wie.
Hallo?, sagte ich zaghaft, obwohl es mir eher wie Gedankensprache vorkam.
Wenn es so weitergeht, sterben wir wohl, hörte ich den Werwolf antworten. Er ist zu stark.
Was können wir tun?
Wir haben unsere Körper vereinigt. Aber das reicht nicht. Unsere Seelen müssen Eins werden.
Aber wie?
Wir müssen uns völlig zu 100 % einig sein. Wir müssen unsere DNA verbinden, nur so können wir das volle Kraftpotenzial unseres Körpers herausholen.
Okay, aber damit eins klar ist: Steffen wird nicht getötet. Ich will nur noch töten, wenn es sich vermeiden lässt. Ich habe genug getötet.
Ähm, das war wohl ich.
WAS?
Ich war ein wenig sauer über meinen Tod, darum bin ich ein wenig ausgetickt. Aber es gibt Wichtigeres zu tun.
Okay, hauen wir ihm eins so richtig auf die Glocke.
...
Steffen holte mit seiner Klaue aus und schlug zu. Blitzschnell fing ich sie ab und brach ihm das Handgelenk. Ich staunte selbst über meine Kraft.
WUSCH!
Mein Tempo war auch nicht übel. In sekundenschnelle war ich hinter Steffen. Er drehte sich um und bekam gleich meine Faust in den Bauch gerammt. Er flog nach hinten, dicht von mir gefolgt. Ich sprang auf ihn und begann nun ihn zu würgen.
„Steffen! Krieg dich wieder ein! Na los!“
Er schüttelte nur den Kopf und stieß mich weg. Ich flog durch die Luft, bevor ich ziemlich hart landete. Steffen erhob sich in die Luft und segelte davon.
Warte nur Steffen, dich krieg ich ...
Ich stürmte in Steffens Haus. Dort räumte ich alles raus.
Hier nicht ... da auch nicht ... irgendwo ... hier vielleicht ...
Schließlich fand ich, wonach ich suchte: den Eisenhut. Schnell stellte ich eine Essenz daraus her und füllte es in eine Spritze.
Wenn ich dadurch wieder normal wurde, kann Steffen es auch werden.
Nun ging ich wieder auf die Suche nach Steffen. Ich fand ihn im Stadtzentrum. Es war lange nach Mitternacht, deshalb war niemand da.
Er stand auf dem Dach vom Duttenhofer und fauchte mich wütend an. Ich sprang hoch und verpasste ihm einen Schlag mit der Rückseite meiner Pranke. Er hatte den Schlag jedoch geblockt, deshalb war er schnell wieder auf den Beinen.
„Bringen wir es hinter uns“, sagte er.
„Ladies first“, gab ich zurück.
Gleichzeitig sprangen wir. Gleichzeitig schlugen wir zu. Aber ich konnte ihm vor dem Schlag den Eisenhut injizieren. Steffen taumelte benommen zurück. Er sah mich an, ängstlich, verwirrt.
„Alles klar, Steffen. Ist alles im grünen Bereich.“, beruhigte ich ihn.
„Was ist passiert?“, wollte er wissen.
Ich erzählte ihm alles. Als ich geendet hatte, bekam er Augen, so groß wie Grapefruits.
„Cool! Das heißt ich bin ein echter Vampir. Fett.“
„Ja, aber du solltest dich nicht am Tag in einen Vampir morphen. Denk dran: Sonnenlicht.“
„Warum? An der Silberkugel-Scheiße ist doch auch nichts dran.“
„Und wenn doch was dran ist? Dann bist du am Arsch.“
„Vielleicht sollte ich nur ganz kurz ins Sonnenlicht um es u testen. Außerdem könnte ich mich zurückmorphen, bevor ich völlig verbrannt bin.“
„Hm, das wäre eine Möglichkeit. Aber ich habe eine bessere Idee.“
„Was’n? Komm erzähl!“
„Nene, morgen vielleicht.“
Am nächsten Tag bestellte ich Steffen auf seinen Dachboden. Ich hatte alles verdunkelt bis auf einen kleinen Lichtstrahl, der in den Raum fiel.
„Was soll die Kacke?“, wollte Steffen wissen.
„Morph dich“
„Was?“
„Morph dich. In einen Vampir. Dann stellst du dich in den Lichtstrahl. Wenn nichts passiert, verträgst du Sonnenlicht. Wenn nicht ... dazu kommen wir , wenn es soweit ist.“
Steffen morphte sich und stellte sich unter das Licht. Die Minuten verstrichen als Steffen plötzlich laut aufheulte. Schnell stellte ich mich zwischen ihm und den Lichtstrahl und deckte Steffen ab. Dann drehte ich mich zu ihm um. Er grinste mich breit an.
„Reingefallen!“, brüllte er und lachte wie ein Irrer. Damit zog er mich noch eine ganze Weile auf.
Die nächsten Tage steckten wir die Köpfe zusammen und lernten. Die Schule musste in letzter Zeit so ziemlich leiden. Steffen war dran mit Abfragen. Ich bekam die Antwort einfach nicht auf die Reihe. „Also, eine chemische Reaktion mit Sauerstoff heißt – äh oxyden? Nein, nein das ist Oxition? Nene, bestimmt nicht – “
„Versuchs mal mit Oxidation.“, flüsterte mir jemand in Gedankensprache zu.
„Oxidation!“
„Richtig“, sagte Steffen. „Meinen Glückwunsch, Tobias.“ Er blickte zum Fenster. Dort saß Tobias, der mir die Lösung zugeflüstert hat. „Wie habt ihr mich entdeckt? Und wann?“
„Tja, mein Lieber“, triumphierte Steffen „gegen das unschlagbare Vampir-Werwolf-Team kommst du im Leben nicht an. Wir haben Sinne, wie sie du dir nur erträumen kannst. Ich hab dich vor drei Minuten bereits gehört.“
„Ich hab ihn schon vor vier Minuten gehört!“, trumphte ich auf.
„Ich hab ihn schon vor fünf Minuten gehört und gesehen!“
„Hast du nicht!“
„Und ob!“
„Äh, Jungs? Ich bin erst seit zwei Minuten da.“ Daraufhin brachen wir alle in lautes Gelächter aus. Wir lachten bis uns die Tränen aus den Augen traten (mit Außnahme von Tobias, der als Bussard keine Augenflüssigkeiten absondert). Langsam beruhigten wir uns wieder. „Spaß beiseite, Tobias. Warum bist du hier?“
„Große Versammlung morgen um elf in der Scheune.“
„Warum? Bitte nicht wieder zum Yirkpool...“
„Wartet’s ab.“
Am folgenden Tag gingen wir um punkt elf zur Scheune. Zu großem Entsetzen der anderen mit blutverschmierten Gesichtern und Händen.
„Was habt ihr getrieben?“, fragte Rachel. „Wolltet ihr euch zu Tode metzeln?“
„Nicht uns“, sagte ich.
„Das erklärt den Haufen toter Tiere hinter der Scheune“, meinte Cassie. „41 insgesamt. Eichhörnchen, Kaninchen, kleine Vögel, sogar ein Stinktier hat einer von euch aufgetrieben.“
„War ja nicht schwer zu finden“, sagte Steffen. „So wie der furzt.“
„Es war eine Art Wettstreit“, erläuterte ich. „Wir wollten sehen, wer dazu in der Lage ist, schneller und mehr zu töten. Und es gewinnt der Werwolf. TADAAA!“
Ich wartete auf eine Reaktion, aber es kam keine. Deshalb fuhr ich fort.
„Wir wollten messen, wer in einer gewissen Zeitspanne, gewalttätiger zugeht. So können wir uns gute Pläne für Angriffe auf die Yirks machen, wenn jeder seine Stärken und Schwächen kennt.“ Ich grinste Steffen breit an. „Und es steht 21 zu 20 für mich.“
„Das erinnert mich an Herr der Ringe. Legolas und Gimmli haben doch auch immer gewettet, wer mehr Orks töten kann.“, sagte Jake. „Es ist nicht gerade die beste Methode, aber ihr habt es in guter Absicht getan. Mehr oder weniger. Ihr hättet sie vielleicht am Schluss beseitigen können. Zum Beispiel fressen.“
„He, was sind wir? Hirnlose, monströse Fressmaschinen?“
„Ja, das seid ihr.“ Wir alle lachten uns kaputt. Stimmt, irgendwo hatte er Recht.
„Warum sollten wir eigentlich herkommen?“
„Ax wird es euch erklären.“ Ax trat vor, in seiner normalen Andalitengestalt. Seine Stielaugen verwirren mich immer. Man weiß nie, wo er gerade hinguckt. „Ihr müsst mir die Situation demnächst wieder erklären. Ich verstehe den menschlichen Humor nicht ganz. Ich habe ein Signal abgefangen. Ein yirkanisches. Eine Kampfdrohne ist abgestürzt und der Visser hat ihre sofortige Vernichtung befohlen, bevor sie von Menschen entdeckt wird. Ich bin ihnen zuvorgekommen und habe ihnen, als Hork-Bajir gemorpht, gesagt, ich hätte die Drohne bereits zerstört. Sie liegt nun gut versteckt an einem sicheren Ort. Ich dachte, wir könnten sie eventuell für einen Angriff auf das Klingenschiff benötigen. Oder ich – wollte ...“
„Du wolltest gerne nach Hause, stimmt’s?“, ergänzte Cassie. Ax nickte. Eine Geste, die er von uns übernommen hatte. „Aber die Erde hat Vorrang. Ein Krieger muss seinem Volk dienen. Das sind natürlich im Moment die Menschen, Prinz Jake“
„Nenn mich nicht Prinz. Erstens bist du kein Krieger, sondern ein Arisht und zweitens sind wir nicht dein Volk.“
„Ich möchte aber nicht, dass es heißt, ich habe aus Feigheit die Flucht dem Kampf vorgezogen, als mich die Erde am Meisten brauchte.“
„Ax, es würde dich niemand als feige beschimpfen -“
„DOCH, SO WÜRDE ES MEIN VOLK TUN! DANN WÜRDE ICH MEIN LEBEN LANG DIE LAST MIT MIR RUMTRAGEN! ICH WÜRDE NIEMALS EIN WAHRER KRIEGER WERDEN, WENN ICH IMMER NUR DAVONLAUFE. ICH, ELFANGOR’S BRUDER!“ Ich hatte Ax noch nie so wütend gesehen. Er mag es wohl nicht, wenn schlecht über Andaliten gesprochen wird.
„Tut mir Leid, mein Prinz, ich wollte nicht schreien.“
„Schon gut, Ax. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Führe uns mal zu dieser Kampfdrohne.“
Die Drohne lag eine kleine Strecke weg. Wir beschlossen erst zu gehen, wenn es dunkel war. Alle morphten sich in Vögel, nur Steffen und ich gingen als Werwolf-Vampir-Duo. Tagsüber hätten uns die Menschen besser gesehen. Auf dem Weg kontaktierte mich Tobias.
„Alex? Ich glaube, du solltest auf Uhu umsteigen. Da vorne kommt eine Schlucht.“
„Kein Problem. Steffen, bereit?“ Steffen streckte den Daumen nach oben. Ich rannte immer weiter. Die Schlucht kam immer näher. Ich rannte bis zum Rand und sprang ab. In der Luft wedelte ich hilflos mit den Armen. Ich würde die andere Seite um knapp zwei Meter verfehlen. Plötzlich wurde ich mit einem Ruck nach oben gerissen.
„Du hättest mich fast fallen gelassen.“, rief ich Steffen zu. Er umklammerte meine Schultern mit seinen Krallen.
„Sei froh, dass ich dich überhaupt gefangen habe.“
Wir erreichten den Platz an dem sich die Drohne befinden sollte und morphten uns zurück. Ich konnte sie nirgendwo sehen. Ich stieg auf einen kleinen Hügel und sah mich um. Keine Spur von einer Kampfdrohne.
„He Ax. Wo ist denn deine tolle Entdeckung?“
„Du stehst drauf!“ Ax zog an einer Schnur und der Hügel auf dem ich stand löste sich auf und eine Kampfdrohne kam zum Vorschein. Sie war mit Unmengen von feinem Moos bedeckt, dass ich sie zuerst für einen Hügel hielt. Wir kletterten hinein. „Kannst du so ein Ding fliegen?“, fragte ich Ax.
„Natürlich. Die Yirks haben alles von den Andaliten geklaut.“ Als er jedoch die Drohne betrat stutzte er. „Ist was nicht in Ordnung, Ax?“, fragte Jake.
„Ich weiß nicht. Das hier ist eine völlig neue Drohne. Sie müssen sie erneuert haben. Ich weiß nicht, ob ich mich hier zurechtfinde. Aber wir müssen es probieren.“
Ich sah mich um. Überall Schaltflächen und blinkende Lichter. Wer soll sich denn hier zurechtfinden? Aber eines erkannte ich gleich. Die Abschusstaste für die Draconstrahler. Sofort setzte ich mich an den Steuerknüppel. Er sah aus wie ein Joystick. Ich musste meinen Finger ein wenig strecken um an die Taste ranzukommen, weil hier alles für Hork-Bajirs ausgelegt war. „Ich glaube, ich habe die neue Steuerung eingehend studiert. Meinetwegen können wir einen Probeflug machen. Aber wohin?“
„Ich weiß was!“, rief Marco. „Wir fliegen zum Weißen Haus und zeigen dem Präsidenten die Beweise für die Invasion der Yirks. Die Drohne und Ax. Was braucht man mehr, um Bush zu überzeugen?“
„Gute Idee“, lobte Jake. „Also Ax, ab nach Amerika.“
„Jawohl, Prinz Jake.“ Abrupt hoben wir ab. Wir flogen ziemlich schnell. Jetzt erschien auch ein Fadenkreuz am Bildschirm. Ich feuerte ein paar Schüsse zur Probe in die Luft. Nach ein paar Minuten knackte das Funkgerät und eine Stimme meldete sich.
„ .... ich dachte, dieses Schiff wäre abgestürzt ..... dummer Fehler ..... abschießen!“
Wir wussten, was das zu bedeuten hatte. Gleich würde eine oder mehrere Kampfdrohnen uns abschießen.
„Ax, Planänderung. Wir fliegen zum Mutterschiff der Yirks und sprengen es. Meinst du das kriegt die Klapperkiste hin?“
„Bestimmt, wenn alle Draconstrahler besetzt werden und gleichzeitig feuern.“
Es gab insgesamt vier Draconstrahler zu bedienen. Die anderen wurden von Steffen, Marco und Jake besetzt. Bald erblickten wir das Mutterschiff. „Wartet auf mein Kommando, dann feuert ihr aus allen Rohren. Noch nicht, noch nicht – JETZT!“
Gleichzeitig mit dem Mutterschiff feuerten wir die Draconstrahler ab. Die fünf Lichtstrahlen kreuzten sich in der Mitte und explodierten mit gewaltiger Kraft. Die Drohne wurde herumgerissen. Wir alle flogen darin umher. Mit der Drohne flogen wir Richtung Erde. Nein, halt. Das war nicht die Erde. Es war ein Planet, aber in Form eines Ringes. Das erinnerte mich an etwas.
BAMM! Ich schlug mit dem Kopf an die Wand und verlor das Bewusstsein.
„Alex, wach auf“, hörte ich nach einer Weile jemanden rufen. Aber es klang so weit entfernt. Ich hatte üble Kopfschmerzen.
„Lebt er überhaupt noch?“
„Ja, ich kann seinen Puls fühlen.“
„Klar, leb ich noch. So einfach mach ich es den Yirks nicht.“
Ich setzte mich auf. Mein Schädel pochte wie verrückt. „Warum sind wir abgestürzt?“
„Es tut mir Leid. Die Yirks haben anscheinend auch eine neue Steuerung eingebaut, sonst hätte ich der Druckwelle beidrehen und standhalten können. Als sich die beiden Draconstrahler trafen, tat sich eine Art schwarzes Loch auf. Es war ein Tor in eine andere Welt.“
„Du meinst wir sind in einer anderen Dimension?“, fragte Steffen.
„Nein. Ich würde es eher eine Parallelwelt zu eurer nennen. Bei uns Andaliten gibt es eine Theorie, die besagt, dass es zu jedem Lebewesen eine Parallelwelt gibt, die seine Wünsche, Ängste, Träume oder etwas ähnliches darstellt. Kurz: die Verkörperung seiner Fantasie. Wenn das zutrifft, müsste sich jemand hier auskennen.“
Wir blickten uns alle um. Es war eine seltsame Gegend. Weit von uns entfernt ragten riesige Felswände auf. Rechts war eine Schlucht, die man mit einer Hängebrücke überqueren konnte. Danach kam ein Spalt in den Felswänden, wo der Weg weiterführte. Mir kam das alles bekannt vor. Ich kannte diese Gegend besser als ich dachte.
„Au, Backe“, sagte ich. „Leute, wir sind so gut wie tot.“
„Warum? Kennst du dich hier aus?“, drängte mich Jake.
„Besser, als euch lieb ist. Wir sind hier auf Halo. Das ist ein Planet, der in einem Videospiel vorkommt. Es geht dabei um die Ausrottung einiger Aliens. Und wenn es wie im Spiel abläuft, müsste hier gleich ein Schiff landen.“
Wie auf Kommando kam plötzlich ein Raumschiff angeflogen. Es war nicht eines, das den Yirks gehörte ... sondern der Allianz. Aber eine Hoffnung gab es noch.
„Kommt mit!“ Ich rannte den Hügel hinunter. Hinter einem Felsen fand ich, was ich gesucht habe: eine menschliche Raumkapsel. Die Leichen stanken widerlich, aber es gab wenigstens Waffen. Sturmgewehre, Magnums und Handgranaten. Wir bewaffneten uns. Jake, Marco, Steffen und ich erklärten den anderen, wie man mit den Waffen umgeht, weil wir durch die vielen Videospiele schon viel Erfahrung zusammenhatten. Wir schlichen uns an das Raumschiff heran und suchten hinter einem Felsen Deckung. Anschließend kamen Aliens mit dem Anti-Gravitationslift herunter geschwebt und suchten die Umgebung ab. Ich zählte zwei Eliten, drei Schakale und fünf Grunts. „Wer sind die?“, flüsterte Cassie.
„Allianz-Truppen. Schaltet zuerst die großen Aliens aus. Dann die mit den Schilden. Auf drei geht’s los. Eins ... zwei ... DREI!“
Wir stürmten voran. Ich hob mein Sturmgewehr und eröffnete sofort das Feuer auf einen Eliten genau wie die anderen. Er ging schnell zu Boden. „AAAAAAAH! Feind!“, hörte ich die Grunts schreien. Wie ein Haufen verrückter Schafe liefen sie umher und wussten nicht, was sie tun sollten. „Elite ist tot! Lauft!“ Ohne Eliten kriegen sie immer Schiss.
„Stirb, Dämon“, hörte ich plötzlich hinter mir den zweiten Eliten rufen. Ich drehte mich um, aber zu spät. Er zielte mit seinem Plasmagewehr und ... fiel zu Boden. In seiner Brust eine klaffende Wunde. Ax wischte sich die blutige Schwanzklinge am Gras ab. „Danke, Ax.“
„Keine Ursache. Aber es ist noch nicht vorbei.“ Er hatte recht. Es galt noch vier Grunts und drei Schakale auszuschalten. Die anderen schossen bereits auf die Schakale. Aber solange sie ihre Schilde aufrecht hatten, nützt das nichts. „Alle in Deckung!“, schrie ich als ich eine Granate hinter die Schakale warf. Die Grunts kreischten wieder. „Granate! Bööööööööse! UAAAAARH!“ Nur noch ein Grunt war übrig. „Nimm das, du Schwein!“, schrie er und hielt die Plasmapistole auf mich gerichtet. Ich schaltete ihn mit nur einem Schlag aus.
„Gut gemacht“, lobte ich die anderen.
„Was sind das für Dinger?“, fragte Rachel angewidert.
„Das hier sind Grunts. Sie sind sehr schwach und einfach auszuschalten. Passt aber auf ihre Plasmagranaten auf. Die bleiben an euch kleben. Die anderen mit den Schilden sind Schakale. Ihr müsst sie mit Nahkampfattacken oder Granaten ausschalten. Die anderen sind Eliten. Sie sind sehr stark und schwer zu besiegen, wenn man zu leichtsinnig ist. Dann gibt es noch Drohnen. Sie sehen aus wie Insekten und können fliegen. Die Brutes und die Jäger sind die Schlimmsten. Sie sind hart im Nehmen und können auch ziemlich austeilen. Vor allem im Nahkampf müsst ihr aufpassen. Ich denke wir halten uns an die Regeln des Spiels und erledigen die Aufgabe, die in diesem Level vorkam. Wir retten die überlebenden Marines.“
„Marines?“
„Das sind die Menschen, die gegen die Allianz kämpfen. So nennen sich die Alienrassen. Die Allianz. Verkrüppelung. Vernichtung. Vorzeitiger Tod.“
Aber das war noch nicht alles. Ich verschwieg meinen Freunden eine tödliche Gefahr. Aber es hatte keinen Sinn, sie nervös zu machen. Vielleicht würden wir sie ja umgehen können.
Wir gingen zügig voran. Wie im Spiel marschierten wir über die Brücke. Vor einem Felsen blieb ich stehen. Ich legte einen Finger auf den Mund, um den anderen zu zeigen, dass sie sich möglichst ruhig verhalten sollen. Ich kletterte vorsichtig auf den Felsen und spähte darüber hinweg. Wie erwartet ging dort ein Elite Streife. „Macht euch bereit.“, flüsterte ich.
Ich zog eine Plasmagranate. Ich zielte sorgfältig und schleuderte sie mit voller Wucht auf den Eliten. Der Elite schrie laut auf bevor er in kleinste Atome zersprengt wurde. Jetzt kamen auch die Grunts hinter dem Baum hervor. „LOS!“ Ich sprang vom Felsen und tötete den ersten Grunt. Den nächsten erschoss ich. Die übrigen wurden von den anderen erschossen.
„Mit dem Gewehr würde ich kein Sturmfeuer machen. Es gibt nicht viel Munition.“ Alle nickten mir zu. Wir gingen weiter. Einen Hang hinab. Zwischen die Felswände hindurch. Wir kamen ins Tal, wo gerade Allianz-Truppen aus einem Schiff gelassen wurden. Ich grinste. Es waren überwiegend Grunts und Schakale. Nur wenige Eliten. Ich morphte in den Werwolf. Steffen wurde ein Vampir. Marco schlüpfte in den Gorilla-Morph. Jake ging als Tiger. Rachel veränderte sich zu einem Bären. Cassie wurde ein Wolf. Und Ax war er selbst.
„So Jungs und Mädels“, verkündete ich. „Dann lasst uns diesen lahmen Haufen mal aufmischen.“ Zähnefletschend, brüllend und voll motiviert stürzten wir uns in die Schlacht.
Ich landete gleich in einem Haufen Grunts. Ich schlug wild um mich und zerfleischte alle, bevor sie überhaupt reagieren konnten. Die anderen waren auch nicht schlecht. Ich sah sie tapfer zusammen zwei Elite auf einmal ausrotten, was ich im Spiel noch nie geschafft habe. Plötzlich kamen mindestens zehn Elite hinter dem Komplex hervor und umzingelten mich. Mit Nadelwerfern und Plasmagewehren bedrohten sie mich. Oh oh, schnell vereinigen ...
Aber es war keine Zeit mehr. Ein Elite hob blitzschnell den Arm, ließ ihn runtersausen und brüllte: „Stirb, Dämon!“
Alle Elitekrieger feuerten gleichzeitig. Noch im selben Moment wurde ich hochgerissen. „Mann, Steffen! Warn mich das nächste mal vorher!“
„Ein einfaches Danke genügt vollkommen!“ Steffen hatte mich wieder an den Schultern gepackt und hochgehoben. Ich sah nach unten. Alle Allianz-Truppen waren an einem Fleck versammelt. „Alle Animorphs da unten verzieht euch!“ Ich schleuderte alle Granaten, die ich hatte, hinunter auf die Allianz. Sie wollten noch ausweichen, aber es explodierte bereits die erste Granate und löste eine Kettenreaktion aus. Die Druckwelle warf Steffen so sehr umher, dass er losließ und ich auf den Komplex fiel. Mühsam rappelte ich mich auf und sah in ein mir wohlbekanntes Gesicht. Käptn Keyes. Der Obermacker bei den Marines. Er sah mich grimmig an. Als nächstes blickte ich in den Lauf seiner Magnum.
„HALT! STOP! WARTE!“, schrie ich. Ich konnte nicht anders. Es war wie ein Reflex, als ich plötzlich aufspringen musste. Keyes schoss auf mich, zwei Kugeln in den Arm.
„He, ich gehör nicht zur Allianz. Wir sind auch Menschen!“
„Klar, und ich bin der Weihnachtsmann.“
„Warte, ich beweise es dir. Leute morpht euch alle zurück.“ Wir morphten uns alle zurück. Beim Morphen drängten die Kugeln aus meinem Arm heraus. Keyes und seine Marines machten große Augen. „Ihr seid ja noch Kinder!“
„Äh ja das stimmt. Wir haben durch einen glücklichen Zufall diese Kraft erhalten. Warum hat euch die Allianz angegriffen?“
„Sie haben uns überrascht, als wir mehr über diesen Ring herausfinden wollten.“
„Halo. Dieser Ring heißt Halo. Und er ist gefährlich. Er ist eine galaktische Superwaffe. Wenn man den dazugehörigen Index in die richtige Konsole einfügt, explodiert der Ring und richtet Schaden in galaktischem Ausmaß an. Er kann ganze Galaxien zerstören.“ Dann fiel mir etwas ein. Etwas wichtiges.
„Und warum wurde diese Waffe gebaut? Und von wem?“, wollte Keyes wissen.
„Von den Urvätern der Allianz. Um eine Gefahr zu bannen, gegen die man nichts ausrichten kann. Man nennt sie Flood. Sie sind höchst gefährlich. Meiden Sie sie. Und meiden Sie die Bibliothek. Auch wenn sich dort der Index befindet. Der Ring wurde erschaffen, um die Flood auszurotten.“
Alle sahen mich erstaunt an. „Warum hast du uns nicht gleich etwas von den Flood erzählt?“, warf Rachel ein. „Ich hielt es für unnötig. Ich wollte die Flood um jeden Preis vermeiden. Es hatte keinen Sinn, euch nervös zu machen. Sie sind wirklich schrecklich.“
„Wie dem auch sei. Wir danken euch für die Rettung. Wir müssen aber weiter. Wir suchen eine weitere Gruppe Marines, die -“
Plötzlich kam ein Schiff von den Marines angeflogen. Ein Lautsprecher ertönte. „Da sind Sie ja, Käptn. Kommen Sie an Bord, wir haben alle Mitglieder eingesammelt. Cortana hat eine weitere Gruppe auf 343 Guilty Spark entdeckt. Habe keinen Kontakt.“
„Gute Arbeit, Commander. Es würde mich freuen, wenn ihr uns noch unterstützen könntet.“
„Gerne“, sagte ich. „Aber bleiben Sie fern von 343 Guilty Spark! Dort wurden die Flood befreit!“ Wir gingen an Bord. Mir schien, als würde Keyes mich ignorieren. „Sie müssen auf mich hören. Bleiben sie fern von diesem Sektor. Es wird sonst Ihr Verhängnis!“
„Ich weigere mich strikt, meine Männer sterben zu lassen. Wir werden dort hinfliegen und sie retten. Ich bin euch wirklich dankbar, aber ich muss sie retten.“
„Da gibt es nichts mehr zu retten. Ihre Männer sind nicht mehr Ihre Männer ...“
Keyes sah mich entsetzt an. „Was soll das bitte schön heißen? Sollen sie zur Allianz übergelaufen sein?“
„Nein. Sie wurden von den Flood befallen. Sie sind Parasiten. Sie überfallen einen Wirt in Massen und leben von ihm. Sie verwandeln ihn in das, was man die Kampfform nennt. Wenn sie nicht mehr kämpfen können, werden sie zur Trägerform. Diese bringen am Schluss wieder die ansteckende Form hervor, also das Anfangsstadium. Diese befallen wieder einen Wirt und so geht es immer weiter. Es ist nicht aufzuhalten. Wenn Sie da hinunter gehen, ist das Ihr sicherer Tod!“
„Rede keinen Unsinn. Ich werde da runter gehen und nicht einmal der Teufel könnte mich von da fernhalten.“
Er ging weg. Ich starrte ihm wütend hinterher. Wie kann er nur so starrsinnig sein? Was für ein Idiot. Zugegeben, meine Geschichte klingt weit hergeholt, aber es ist die Wahrheit. Wir setzten zur Landung an. Wir hörten, wie die Marines ihre Waffen entsicherten.
„Was machen wir jetzt?“, fragte ich Jake.
„Hey, es ist deine Traumwelt. Sieh gefälligst zu, wie du uns hier heil rausbringst.“, fiel ihm Marco ins Wort. Jake räusperte sich. „Marco, hat nicht ganz unrecht. Du kennst dich hier am Besten aus. Es liegt an dir zu entscheiden, was der nächste Schritt ist.“
„Wir könnten 343 Guilty Spark einfach umgehen und weiter zur Bibliothek. Aber ich will sie nicht sterben lassen. Was sollen wir tun? Wenn wir nach 343 Guilty Spark gehen, sterben wir vielleicht und das will ich auch vermeiden ...“
„Wir sind die Animorphs. So ein kleiner Spaziergang ist doch ein Klacks.“, rief Rachel.
„Ich würde davon abraten“, sagte Ax. „Ich kenne die Flood. Bei uns heißen sie nur diablofluct. Aber wie Alex ihre verschiedenen Formen beschrieben hat, hat mich an sie erinnert. Elfangor hat mir mal davon erzählt. Es war schrecklich. Hundert Andaliten mussten einmal gegen etwa fünfzig Flood kämpfen. Es kamen nur vierzehn zurück. Die anderen haben nicht überlebt. Elfangor musste sogar einige Andaliten töten, weil sie von den Flood befallen wurden. Es war kein Kampf mehr – sondern ein Massaker.“
„Egal wir haben keine Angst“, trotzte Rachel.
„Dann finde ich, dass wir abstimmen sollten. Wer ist dafür die Marines zu retten?“
Wie erwartet ging Cassie’ s Hand sofort nach oben. Steffen’ s Meldung erstaunte mich sehr. Rachel suchte nur eine Herausforderung, deshalb meldete sie sich. Wer mich am meisten erstaunte war ...
„Marco? Warum denn das?“
„Ich muss an ihre Familien denken. Wenn sie nicht zurückkommen, werden ihre Frauen und Kinder bestimmt sehr traurig sein. Das will ich verhindern.“
Marco’ s Mutter ist ein Controller. Visser Eins sitzt in ihrem Kopf. Er dachte vorher, sie wäre ertrunken, obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde. Das hat seinen Vater sehr aus der Bahn geworfen. Er wusste wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem sehr wichtig ist.
Wir gingen zu Keyes. Wir fanden ihn auf der Brücke. „Wir haben uns umentschieden. Wir helfen Ihnen. Vielleicht können wir wenigstens ein paar von Ihren Männern sicher zurückbringen.“ Daraufhin sah mich Keyes skeptisch an.
Nach nur wenigen Minuten landeten wir in Guilty Spark. Es war, wie ich erwartet hatte, eine regnerische Sumpflandschaft. Ich morphte mich sofort in einen Werwolf. Am Boden entdeckte ich mehrere Allianzkadaver. Ich schnappte mir das danebenliegende Plasmagewehr. Es passte perfekt in meine Klaue. Die anderen kamen in der Kampfkleidung der Marines heraus. Sie sahen aus wie junge Nachwuchssoldaten. Plötzlich nahm ich eine Witterung auf. Ich folgte dem Geruch. Immer weiter. Die anderen waren bereits außer Sicht. Hinter einem Baum blieb ich stehen. Ich linste vorsichtig. Ein Elite. Er stand mit dem Rücken zu mir.
Soll ich die anderen rufen? Nein, mit dem werde ich bestimmt auch so fertig ...
Ich morphte mich zurück. Dann verstellte ich meine Stimme und rief: „Elite ist tooooot! Laaaauft!“ Der Elite drehte sich langsam um. Das dauert ja ewig. „Ich hasse dich!“ Dann stellte ich meine Stimme so tief es ging. „ARRRRRGH! Stirb, Dämon!”
Der Elite rannte im Laufschritt los. Hinter dem Baum packte ich seinen Arm und übernahm ihn. Er drehte mir noch sein Gesicht zu, aber da fiel er auch schon in die Trance. Ich hörte nicht mit der Übernahme auf, sondern schleppte ihn zu den anderen. Marco schrie sofort los.
„Heilige Scheiße, was schleppst du uns da an?!“
„Was neues zum Übernehmen“, antwortete ich. Alle übernahmen ihn. Keyes richtete seine Magnum auf ihn. „Seid ihr fertig? Gut, dann werde ich es schmerzlos machen ...“
„NEIN!“ Ich stellte mich zwischen ihn und dem Eliten, ohne seine Hand loszulassen. „Die Flood sind zu stark, wir können jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können.“
„Dieses Vieh wird nie mit uns kooperieren!“
„Wenn nicht, können Sie ihn ruhig erschießen, aber vorher nur hinhalten!“ Ich ließ ihn los. Zehn Sekunden danach wachte er auf. Seine Reaktion war wie erwartet. Er schreckte zuerst auf und sah sich um. Er schrie auf und wollte sich vorbeikämpfen, aber wir hielten ihn zurück und bildeten erneut einen Kreis um ihn. Der weltweit gefürchtete Ghettokreis.
„Bitte stillhalten, sonst bist du tot!“, rief ich und zielte mit dem Plasmagewehr auf ihn.
„Ich bin schon so gut wie tot. Also, worauf wartet ihr? Macht schon!“
„Nein“, sagte ich. „Ich möchte dir einen Pakt vorschlagen.“
„Einen Pakt? Zwischen Menschen und Allianz? Das kannst du getrost vergessen.“
„Nun mach mal halblang. Kennst du die Flood? Große Parasiten, die sich auf alles stürzen, was sich rührt?“
„Ja, die kenne ich. Wir wollten unsere Kameraden befreien, die in diesem Komplex gefangen sind. Sie kommen nicht raus. Und es werden immer mehr von den Flood befallen. Aber warum sollte sowas euch Menschen interessieren?“
„Da kommt unser Pakt ins Spiel. Wir schließen vorübergehend Frieden und versuchen, unsere beiden Fronten vor den Flood zu retten. Ich kenne sie schon ein wenig und alleine ist es sicher schwierig.“ Der Elite dachte anscheinend nach. Schließlich willigte er ein. Wir gaben ihm sein Plasmagewehr und machten uns auf den Weg zur Anlage. Dort blieb der Elite stehen und sah sich um. „Keine Flood?“
„Nein, erst drinnen.“, antwortete ich. Wir gingen hinein. Ab in den Lift. Keyes startete ihn. Wir fuhren tiefer und tiefer. Es schien kein Ende zu nehmen. „Was ist passiert? Wie konnten sich die Flood befreien?“
„Die Allianz hat sie irrtümlicherweise befreit.“
„Das waren bestimmt die Brutes! Diese unfähigen Biester! Das wäre ihnen am ehesten zuzutrauen!“
„Hey, nun mal langsam. Vielleicht waren es auch ein paar Grunts –“
„NEIN! Sie sind vielleicht nicht ganz bei Trost, aber sie sind wenigstens so klug und lösen nicht irgendeine Epidemie aus!“ Er schien die Brutes nicht leiden zu können. Kein Wunder. Brutes und Eliten streiten seit langem um den Titel der Leibgarde der Propheten. Es gibt ein Propheten – Triumvirat. Es besteht aus dem Propheten des Bedauerns, den Propheten der Wahrheit und dem Propheten der Gnade.
Der Lift stoppte plötzlich. Jetzt waren wir im Untergeschoss. Und es war die Hölle. Überall wurde Blut verspritzt. Blaues Blut von Allianz-Mitgliedern. Sogar meterhoch an der Wand. Aber es gab keine Leichen. Keine einzige. Wir gingen weiter. Ich wusste genau, wo es hinging. Durch den Gang links ... dann nach rechts ... wieder rechts ... geradeaus ... und wir waren da. Wir standen nun vor der Tür mit dem Sicherheitsschloss. Hinter diesem Raum fängt die Verseuchung an. „Ich muss euch noch etwas sagen. Die ansteckende Form ist sehr schwach. Ein Schlag reicht um sie auszuschalten. Die anderen brauchen vielleicht eine gute Ladung Schrot. Bleibt von den Trägerformen weg. Sie explodieren oft. Los geht’ s!“
Wir öffneten die Tür und stürmten rein. Dort war auch alles voller Blut. Menschenblut ...
Plötzlich eine Reihe dumpfer Schläge. WUMM! WUMM! Die Türen halten nicht mehr lange stand.
„RAUS HIER!“, schrie ich. Als ich einen Blick zurückwarf, sah ich jede Menge ansteckender Formen heranströmen. Und Kampfformen. Ich schoss mit dem Schrotgewehr nach hinten und hörte platzende Geräusche. Ich flüchtete in einen Seitenraum. Die anderen waren alle noch draußen. Ich wollte gerade zurück, als ich eine Bewegung vernahm.
„Guten Tag, ich bin der Illuminat der Einrichtung 04. Sie sind hier auf unbefugtem Terrain. Ich muss Sie auffordern sofort zu gehen. Sie könnten sonst Ihren Tod freilassen.“ Die blauleuchtende Kugel von der Größe eines Fußballs schwebte vor meinen Augen hin und her. Sie kontrollierte die Wächter, die mit ihren Laserkanonen die Flood immer abschießen.
„Dann bringen Sie die Wächter auf Trab! Die Flood sind bereits frei!“
„Was? Das ist völlig inakzeptabel. Wir müssen den Ring sofort aktivieren. Helfen Sie mir, Reclaimer?“ Die dumme Schrottbüchse nennt den Cyborg im Spiel auch immer Reclaimer. Aus welchem Grund auch immer.
„Nein, das werde ich nicht tun. Dann würde ich ja mein eigenes Grab schaufeln.“
„Für die Rettung der Welt muss man manchmal Opfer eingehen. Vielleicht würde jemand der anderen Menschen mir helfen.“
„Oh nein, vergiss es, du durchgeknallte Aluminiumdose. Daran werde ich dich hindern.“ Ich setzte zum Morphen an. Doch da verpasste mir einer der Wächter einen Hieb von hinten und ich sackte bewusstlos zu Boden. Die Wächter sind kleine Flugschiffe, aber trotzdem enorm hart.
Nach einiger Zeit wachte ich wieder auf. Und was ich sah, gefiel mir überhaupt nicht. Vor mir war eine ganze Horde ansteckender Formen. Es mussten über hundert sein. Ich war an die Wand gekettet und konnte kaum einen Finger rühren. Ich begann zu Morphen. Ich dachte, wenn meine Arme dicker werden, würden sie die Ketten sprengen. Falsch gedacht. Die Ketten passten sich meiner Größe an. Als meine Arme wieder schrumpften, zogen sie sich wieder zusammen. Es war hoffnungslos. Die kleinen fußballgroßen Aliens begannen an mir hoch zu klettern. Ich versuchte sie abzuschütteln, aber ich konnte mich nicht bewegen. Und da spürte ich, wie sie mir etwas durch den Mund injizierten. Eine klebrige Flüssigkeit. Der Virus. Ich begann mich sofort zu verwandeln. Aber es war kein Morph, den ich je übernommen hatte. Ich wurde ein Flood. Meine Haut nahm die Form und Farbe alten Leders an. Meine Augen fielen aus ihren Höhlen. Meine rechte Hand riss auf und die Finger entfalteten sich zu tausenden von Tentakeln. Meine Sinne wurden trübe und immer allmählicher wurde mein Verstand durch den der Flood ersetzt. FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN; FRESSEN.
Ich dachte an nichts anderes mehr. Es war sogar schlimmer als beim Werwolf. Ich riss mich los und ging ein paar Schritte. Dann wurde ich von schrecklichen Kopfschmerzen geplagt. Der Werwolf in meinem Inneren randalierte. Er war stocksauer. Wütend darüber, dass sich ein fremder Organismus in unserem Körper aufhielt. Er setzte sich heftig zu Wehr. Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Ich dachte, mein Kopf würde jeden Moment zerspringen. Dann verlor ich das Bewusstsein. Wie lange, weiß ich nicht.
Als ich aufwachte, war ich völlig benommen. Über eines war ich jedoch heilfroh: ich war wieder ein Mensch. Keine Tentakel. Stinknormale Menschenhände. Blitzschnell fiel mir alles ein. Die anderen Animorphs und die Marines sind in Gefahr. Der Illuminat wird sie in eine Falle führen ...
„Das werde ich nicht zulassen!“
Ich morphte in einen Wanderfalken. So schnell mich meine Flügel trugen, flog ich aus der Bibliothek heraus und suchte ein Raumschiff. Tatsächlich fand ich noch einen völlig intakten Raumgleiter. Ich startete ihn sofort.
„Hallo? Wer ist da?“
Die Stimme ließ mich erschrocken zusammenzucken. Aber ich kannte die Stimme.
„Cortana?“
Das virtuelle Bild von Cortana erschien auf dem Kontrollpult. „Natürlich, wer denn sonst? Ich sollte warten, bis Sie zurückkommen. Befehl vom Käptn.“
„Sorry, wir haben keine Zeit für Smalltalk! Sie müssen dieses Schiff sofort zum Kontrollraum bewegen, aber ein bisschen flott, wenn’ s geht!“
„Wenn es besonders schnell gehen soll, hab ich was für Sie. Ich klinke mich in das Teleporternetz des Illuminaten ein, dann sind wir in Null Komma Nichts da.“
WUSCH!
Plötzlich wurde ich von einer gelben Lichtsäule erfaßt. Einen Moment später befand ich mich im Kontrollraum. Vor mir sah ich ein Pult. Und was ich sah, ließ mich erst mal Luft holen. Tartarus, der Anführer der Brutes, stand vor mir und zwang Jake, den Index mit dem Reaktor zu verschmelzen. Die anderen Brutes standen daneben und hielten die anderen in Schacht. Sie hatten Ax’ Schwanz abgehackt. Ich konnte auch den Illuminaten erkennen. Tartarus schien die Geduld mir Jake zu verlieren. „Na los, Mensch, nimm jetzt den Index.“ Doch Jake weigerte sich. „TU WAS MAN DIR SAGT!!!“ Tartarus packte Jake am Kragen und hielt ihn hoch. Der Illuminat fiel ihm ins Wort. „Vorsicht, dieser Reclaimer ist empfindlich!“
Tartarus packte den Illuminaten und schleuderte ihn weg.
„He!“, rief ich. „Bitte nicht die Glühbirne erschüttern.“
Ich schleuderte einige Handgranaten in sichere Entfernung zu den Brutes. Bei der Explosion wurden einige von der Druckwelle in das Loch nebenan gerissen. Jetzt ging es daran einen neuen Morph zu testen. Im Laufen morphte ich mich in einen Eliten. Ich hob vom Boden etwas auf, das wie das Grundmaterial eines Partikelschwertes aussah.
KLICK!
KLICK!
Oh oh! Es ist leer ....
Ich war ein vollständiger Elite und der erste Brute stand nur wenige Meter vor mir. Ich schlug mit der Faust zu, die noch das Partikelschwert umklammerte. Gleichzeitig schlug der Brute mit seinem Brute-Plasmagewehr zu. Das Partikelschwert blieb im Gewehr stecken – und lud sich wieder auf. Das Plasma wurde neu aufgefüllt, weil ich die Batterie des Plasmagewehres angezapft hatte. Ich tötete den Brute mit zwei Schlägen. Er zuckte noch wegen der hohen Hitze, die vom Schwert ausging. Ich schaltete zwei weitere Brutes aus. Die anderen hatten zu morphen begonnen. Cassie war die Schnellste und wurde als erstes ein Wolf. Jake wurde ein Tiger, Marco ein Gorilla, Rachel ein Bär, Steffen ein Vampir, Ax eine Klapperschlange und Tobias war er selbst. Jetzt begann eine wilde Schlacht. Die Brutes waren stark im Einstecken sowie im Austeilen, aber sie hatten eine Schwäche: sie griffen unüberlegt an. Nicht selten rasten sie aus und greifen überstürzt an. Man muss einfach nur ausweichen und sie liefen geradewegs in den Abgrund.
Zum Schluss blieb nur Tartarus übrig. „Tja, wenn ihr glaubt, ihr habt gewonnen, irrt ihr euch gewaltig! HA!“
Er rammte den Index gewaltsam in den Reaktor. Ich schluckte schwer. Zahlreiche Blitze schossen aus dem Kontrollpult heraus. Ein gebündelter Energiestrahl schoss nach oben. Mitten in der Luft tat sich etwas auf.
„Ein weiteres Dimensionsloch!“, schrie Ax. „So können wir entkommen!“
BAMM! Halo wurde aktiviert und hatte eine ganze Galaxie zerstört. Kurz zuvor konnten wir durch das Dimensionsloch schlüpfen. Wir befanden uns in menschlicher Gestalt in einem Zug. Er ratterte momentan über eine riesige Brücke. Ich blickte alle der Reihe nach an. Alle trugen schwarze Umhänge mit roten Ärmeln und Säumen. Tobias und Ax befanden sich in menschlicher Gestalt. Ich grinste Steffen sehr breit an. Er grinste noch breiter zurück. Dann brachen wir in einen Freudentanz aus, dass den anderen Hören und Sehen verging. „He, kommt mal wieder runter“, schnauzte Rachel.
„Wie sollen wir runterkommen, wenn wir hochgehen könnten?“, gab ich zurück.
„Genau!“, pflichtete Steffen mir bei. „Wir wollten schon immer nach Hogwarts.“ Alle machten ein Gesicht als wüßten sie überhaupt nichts. „Steffen, erklär es diesen Kunstbanausen.“
„Wir sind wieder in einer Parallelwelt. In der von Harry Potter.“
„Das soll Kunst sein?“, ulkte Marco.
„Klar“, sagte ich. „Ich würde den sechsten Band sofort gegen die Mona Lisa eintauschen. Gegen Harry Potter ist sie ja eh nur Müll.“
Alle schüttelten den Kopf. Ich blickte aus dem Fenster. Das riesige Schloss rückte Stück für Stück näher. Ich konnte es kaum abwarten.
Endlich hielten wir am Bahnsteig. Ich horchte mich um. Wir mussten herausbekommen, in welcher Klassenstufe wir waren. Ich wollte Hagrid fragen, aber er war nirgends zu sehen. Rubeus Hagrid ist der Wildhüter von Hogwarts. Er kümmert sich um die Ländereien und um die Tiere in und um Hogwarts. Seit Band drei ist er auch noch Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe. Wenn ich wüßte, in welchem Jahrgang wir sind, könnte ich die Zukunft voraussagen. Plötzlich hörte ich eine rauhe Stimme. „Erstklässler hierher. Hierher, bitte!“ Eine verhunzelte alte Hexe stand in einigem Abstand vom Zug und winkte wie bescheuert. Ich drehte mich zu Steffen um.
„Raue-Pritsche?“
Ich nickte. „Was soll das heißen? Lasst euch nicht alles aus der Nase ziehen!“, schimpfte Marco.
„Das ist Professor Raue-Pritsche. Die Lehrerin für Pflege magischer Geschöpfe. Sie vertritt dieses Jahr Hagrid, den Wildhüter.“
„Wer sind Sie! Wo ist Hagrid?“
Ich drehte mich nach der Stimme um. Vor mir standen Harry Potter, Ron Weasley und Hermine Granger. Cooooool!!!
„Das geht euch gar nichts an“, fauchte Professor Raue-Pritsche zurück.
„Ähm, ich weiß wo Hagrid steckt.“, meldete ich mich zu Wort.
Harry, Ron und Hermine drehten sich zu mir um. „Du weißt es?“, fragte Ron entgeistert. „Spuck`s schon aus!“
„Nicht hier. Es geht um das, was er für Dumbledore tun sollte.“
Die drei bekamen ganz große Augen. Zusammen gingen wir in das Schloss. Besser gesagt wir fuhren mit den pferdelosen Kutschen. Nur waren sie nicht pferdelos, wie in den Potter-Büchern beschrieben. Vor ihnen standen Thestrale. Sie waren vollkommen fleischlos, ihre schwarzen Decken klebten an ihren Skeletten, von denen jeder Knochen sichtbar war. Sie hatten drachenartige Köpfe und ihre pupillenlosen Augen waren weiß und blickten starr. Aus den Widerristen ragten Flügel – gewaltige schwarze ledrige Flügel, die aussahen, als würden sie Riesenfledermäusen gehören. Harry sah sie verdutzt an.
„Hey, was zum ...“
„Harry, ist was?”, wollte Ron wissen.
Harry deutete auf den Thestral vor ihm. „Ja, äh, was ist denn das?“
„Wo?“
„Na hier, direkt vor dir.“ Harry zerrte Ron vor den Thestral.
„Und was soll ich sehen?“
Bevor Harry antworten konnte unterbrach ich ihn. „Ron, nur Harry kann sie sehen.“
Ron sah mich verdutzt an.
Steffen räusperte sich. „Nur wer jemanden sterben sah, kann sie sehen.“
„Ach ja?“ Wir alle nickten. Denn bis auf Ron und Hermine konnten wir alle die Thestrale sehen, weil wir schon viele Hork-Bajirs getötet haben. Und nebenbei einige Allianz-Mitglieder.
Wir stiegen in die Kutschen ein. Sie waren größer als es von außen den Anschein hatte. Harry starrte mich die ganze Zeit an. „Woher wußtest du von ihnen?“
„Naja, ich konnte sie schon immer sehen.“
„Und wer seid ihr?“ Wir stellten uns nacheinander vor. Bei Ax stutzte Harry auf.
„Aximili-Esgarrouth-Isthil? Was für ein Name ist das?“
„Äh, er ist Ausländer“, sagte Jake. „Nenn ihn Ax. Das machen wir alle.“
Anschließend stellten sich Harry, Hermine und Ron vor. Für Steffen und mich völlig belanglos. Wir haben die Potter-Bücher sozusagen auswendig gelernt.
Wir fuhren etwa zehn Minuten, als wir bereits das Tor erreichten. Ich grübelte immer noch, wieso es nun schon wieder meine Fantasie-Welt war. Was ist an mir so außergewöhnlich? Oder ist es doch die von Steffen? Oder gar von uns beiden?
„Also, was ist nun mit Hagrid?“, drängte Harry.
„Er ist noch unterwegs“, flüsterte ich Harry zu. „Wegen Dumbledore’s Auftrag, der ihm im Sommer übermittelt wurde. Er ist in den Bergen bei den Riesen.“
„RIESEN!“, kreischte Ron fast. „Was um alles in der Welt hat er bei den Riesen verloren?“
„Voldemort will sie für sich gewinnen. Dumbledore will ihm zuvorkommen.“
„Natürlich“, entgegnete Hermine. „Überlegt doch mal. Wer kann mit Riesen besser verhandeln als ein Halbriese?“
Wir gingen durch das riesige Eichentor, durch die Eingangshalle in die Große Halle, wo uns das Festmahl erwartet, das alle Hogwartsschüler zu Schuljahresbeginn bekommen. Mir lief schon beim Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen. Steffen erging es nicht anders. Er starrte bereits voller Vorfreude auf die massive Tür, die uns vom Bankett trennte.
Wir stürmten hinein. Zumindest wollten wir das gerade als wir am Kragen gepackt und unsanft zurückgezogen wurden. Steffen und ich landeten auf dem Boden und sahen dem schlimmsten Alptraum eines jeden Hogwarts-Schülers gegenüber: Severus Snape, Hausleiter von Slytherin und Lehrer für Zaubertränke. Außerdem die meistgehasste Person in Hogwarts mit Außnahme von Filch und Mrs Norris. „Ich muss mit euch zum Schulleiter. Mit euch auch.“, fügte er zu den Animorphs hinzu. Waren wir ertappt? Wir sind ja nicht von Anfang an dabei gewesen. Die Lehrer wissen, dass wir nicht ordnungsgemäß eingeschult wurden. Oh-oh.
Snape führte uns zu einer Statue, die wie ein Greif aussah. Snape sagte das Paßwort (Wibbiwabbi) und stieg mit uns die Wendeltreppe hinauf. Oben angekommen klopfte er an die Tür und trat, ohne abzuwarten, herein. Der Schulleiter, Professor Dumbledore, wäre fast mit ihm zusammengestoßen.
„Oh Severus. Was kann ich jetzt schon für Sie tun? Wollen Sie nicht lieber das Fest genießen?“
„Sir, es geht um diese Kinder.“
Dumbledore’s Augen blitzten kurz unter seiner halbmondförmigen Brille hervor. „Dann kommt doch erst einmal herein.“
Er trat zur Seite und wies uns hinein. Hinter uns schloss er die Tür. Er zog seinen Zauberstab und beschwor für jeden einen gemütlichen Chintz-Sessel. Sie drehten sich kurz in der Luft und landeten dann sanft auf dem Boden. Mit einer Handbewegung wies er uns an, uns zu setzen. Er selbst nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und sah uns an, als ob wir etwas verbrochen hätten. „Also, dann erst mal Willkommen auf unserer Schule.“
Ich glotzte ihn nur dumm an. Wie die anderen auch. Nur Ax sah sich um und blickte auf all die seltsamen Geräte, die Dumbledore in seinem Zimmer hatte.
„Der Schulwechsel sollte keine Probleme für euch darstellen. Ihr werdet schnell neue Freunde finden. Nach dem Essen werden eure Häuser festgelegt. Im Stoff seid ihr uns sowieso etwas voraus, also denke ich, dass es keine Lernschwierigkeiten geben wird. Wenn doch, steht unsere Bibliothek euch gerne zur Verfügung. Ich denke das war’ s für’ s erste. Geht nun zur Großen Halle und haut euch richtig den Wanst voll.“
„Meinen Sie damit, wir dürfen essen bis zum Umfallen?“, erkundigte sich Ax. Dumbledore nickte und Ax machte Freudensprünge.
„Das ging ja grad nochmal gut“, sagte ich zu Steffen als wir die Treppe zur Eingangshalle hinunterstiegen. Steffen nickte. „Aber jetzt will ich ordentlich was spachteln.“
Wir traten in die Große Halle und hielten uns im Hintergrund auf. Dumbledore hielt kurz seine Willkommensrede. Dann richtete er das Wort an Professor McGonagall, die Stellvertretende Schulleiterin und Lehrerin für Verwandlung. „Ich bitte nun unsere Neuzugänge der Reihe nach vorzutreten. Jake!“
Jake trat nach vorne. Er wirkte etwas unbeholfen als er sich auf dem Stuhl niederließ und den Sprechenden Hut aufsetzen wollte. Noch bevor der Hut seinen Kopf berührte, rief er „GRYFFINDOR!“
Tobender Beifall ertönte vom Tisch der Gryffindors während Jake dort Platz nahm. Marco, Ax, Cassie und Rachel kamen nach Ravenclaw. Tobias, Steffen und ich kamen ebenfalls nach Gryffindor. Jedes mal gab es am entsprechenden Tisch Beifall. Danach begann das Festmahl. Wir schlangen förmlich alles hinunter. Plötzlich begann Ax am Nachbartisch aufzuschreien. Er schrie als hätte ihm jemand eine Gabel in den Allerwertesten gesteckt. Schreiend rannte er zur Eingangshalle hinaus. Aufgrund einer bösen Vorahnung folgte ich ihm. Ich zerrte ihn in die Kerker, wo er sich zurückmorphte.
„Ein Glück, ich dachte schon, ich hätte die Zeit überschritten. Tut mir leid, wenn ich euch erschrocken hab, aber ich hatte die Zeit vergessen.“
„Ich weiß. Ruf lieber schnell Tobias, damit er auch einen Zwischenmorph einlegt.“
Ax kontaktierte Tobias. Ich ging zum Kerkereingang und winkte ihn herüber. Als wir zurückkamen, schreckte Ax auf. Er war sichtlich erschrocken, was für einen Andaliten unüblich war. Bei vier Augen haben Andaliten schon einen guten Überblick auf ihre Umgebung.
„Was ist los Ax?“
„Dieser Mann. Aus dem Büro. Er hat mich gesehen.“
„Dumbledore?“
„Nein, der dunkelhaarige.“
Snape? Oh oh. Das gibt Ärger...
„Morpht euch zurück, aber dalli.“
Beide morphten sich in Menschen zurück und wir gingen in die Große Halle zurück. Dort führten wir das Festmahl zu Ende und folgten den Vertrauensschülern anschließend in den Schlafsaal. Snape machte mir ein wenig Bedenken, aber da ich nichts dagegen tun konnte, beschloss ich, es sein zu lassen. Ax, Marco, Cassie und Rachel waren natürlich im Ravenclaw-Schlafsaal, der sehr weit von dem der Gryffindors entfernt lag. Jake, Tobias, Steffen und ich suchten uns je ein Himmelbett aus, auf dem wir Platz nahmen.
„Wie soll das weitergehen?“, fragte Jake.
„Wie soll was weitergehen?“, fragte ein rothaariger hochgewachsener Junge. „Hi, ich bin Fred. Und das ist mein böser Zwilling George.“ Hinter ihm stand ein Junge, der ihm aufs Haar glich.
„Glaubt ihm nicht, in Wahrheit ist er der böse Zwilling. Er wird euch ins Verderben stürzen.“
Beide grinsten so breit, wie ich es noch nie gesehen habe.
„Hab gehört, ihr wisst wo Hagrid ist?“
„Wer erzählt das alles rum?“, fragte Jake.
„Na, Ron! Wer denn sonst?“
Plötzlich kam Ron herein, gefolgt von Harry, Hermine, Seamus, Dean und Neville.
„Mensch Ron“, schnauzte Steffen Ron an. „Was denkst du dir dabei, jedem die Sache mit Hagrid zu erzählen? Wenn das rauskommt, ist er so gut wie gefeuert.“
„Sie haben versprochen, nichts zu erzählen“, verteidigte sich Ron.
„Haltet euch lieber dran, wenn ihr wollt, dass Hagrid an der Schule bleibt.“
Fred hob die linke Hand hoch und legte die rechte auf die Brust. „Ich schwöre feierlich, dass kein Wort über meine Lippen wandert. Was war eigentlich mit diesem Jungen vorhin passiert? Der mit dem langen Namen?“
„Aximili-Esgarrouth-Isthil?”, fragte Jake
„Genau der. Der ist ja abgegangen, als hätten wir ihm Toffee-Bohnen ins Essen getan.“
„Vielleicht war ihm schlecht?“
Allmählich gingen alle zu Bett. Nur Steffen und ich saßen auf dem Fensterbrett und ließen unsere Blicke über die verdunkelten Ländereien schweifen.
„Jetzt ist wohl ein Traum für uns wahr geworden, oder?“, fragte ich Steffen.
„Und ob. Was hältst du davon, wenn wir morgen die Bibliothek durchforsten und uns ein paar gute Zauber beibringen?“
„Willst du mich verhexen oder was?“ Ich grinste wie ein Irrer. „Was sich so alles mit einem Reduktor-Fluch anstellen lässt?“
Steffen grinste breit zurück. „Oder mit Expelliarmus.“ Das waren Zauberflüche. Der Reduktor-Fluch kann Hindernisse aus dem Weg schießen; Expelliarmus ist ein Entwaffnungszauber.
„Moment mal!“ Mir fiel gerade etwas ein. Ich durchkramte meine Umhangtaschen und entdeckte einen dunkelbraunen Zauberstab. „Hehe, ich wusste doch, dass irgendeiner da sein musste.“
Auch Steffen fand in seinem Umhang einen Zauberstab. Der war allerdings von hellbrauner Farbe.
Steffen drehte den Stab in den Händen und warf mir einen heimtückischen Blick zu. Ohne Vorwarnung richtete er den Stab auf mich. „Rictusempra!“, rief er, worauf ein heller Lichtstrahl aus dem Zauberstab kam und mich an der Brust traf. Rictusempra. Ein schlimmer Fluch. Einer der gefährlichsten überhaupt. Er stellt mit seinen Opfern die schlimmsten Dinge an. Er bringt sie... zum Lachen. Es ist ein Kitzelfluch. Ich rollte mich vom Bett und wälzte auf dem Boden herum. Währenddessen lachte und kicherte ich wie verrückt.
„Cool, es funktioniert“, hörte ich Steffen sagen.
Ich richtete meinen Stab auf ihn und schaffte es „Tarantallegra!“ herauszubringen. Steffen’s Beine wirbelten durch die Gegend als tanze er einen wilden Foxtrott. Er hatte sie nicht mehr unter Kontrolle und wurde im Schlafsaal herumgewirbelt. Unser kleines Schauspiel ging tatsächlich soweit, bis alle aufwachten.
„He, waschn da los?“
„Lach nich so blöd!“
„Wer lacht denn da so?“
„He, ein Hampelmann!“
Harry setzte sich die Brille auf und kam zu uns herüber. „He Alex, was ist denn?“
Aber ich lachte und kicherte ihn nur an. Ich brachte kein vernünftiges Wort mehr heraus.
Harrys Blick wanderte von mir zu Steffen und von Steffen wieder zu mir.
„Ich glaub, das ist der Kitzelfluch, mit dem ich mal Malfoy belegt hatte.“
Er schwang seinen Zauberstab und richtete ihn auf uns. „Finite Incantatem!“
Das Kitzeln hörte auf und Steffen hatte seine Füße wieder unter Kontrolle.
„Was stellt ihr denn für Zeug an?“, fragte Harry.
„Ach, wir wollten die Zauberstäbe ausprobieren“, sagte Steffen mit einer regelrechten Unschuldsmiene.
„Ausprobieren?“, fragte Ron entgeistert. „Soll das bedeuten, ihr habt sie noch nie benutzt? Wie zum Teufel seid ihr in die fünfte Klasse gekommen?“
Oh-oh. Jetzt musste uns schleunigst was einfallen. Zum Glück holte Steffen uns aus der Schlinge.
„Das sind neue Zauberstäbe“, erzählte er. „Wir wollten testen, ob sie so gut sind wie unsere alten. Aber sie enttäuschen mich ein wenig.“
Ron verdrehte die Augen. „Hättet ihr das nicht leiser tun können?“

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Besinn dich deiner Kraft
wende dich zu deinem Innern hin
du hast es stets geschafft
vergiss es nie du bist ein Saiyajin
IN DIR BRENNT EIN FEUER DIE POWER DER DRAGONBALLS

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