Fable
Wie wäre es mit "Arschgesicht"? Nein, lieber nicht. "Tortenmeister"? Was soll denn das heißen ? Hmm, "Säbelschwinger" klingt nicht schlecht. Halt! Der "Gladiator"! Ja, Gladiator ist gut. Was wir hier gerade überlegen, fragt ihr euch? wir suchen uns einen Titel aus, unter dem unsere Spielfigur in Albion, der welt von Fable, bekannt werden soll. Wir entscheiden uns also für Gladiator und geben dem Titel-Händler sein geld. Er wird nun unseren Beinamen in Albion verbreiten. Ihr merkt schon das Fable kein gewöhnliches Action-Rollenspiel ist. Natürlich werden Banditen und Monster bekämft, Schätze gesammelt und Erfahrungspunkte verteilt. Doch darüber hinaus hat Fable noch mehr zu bieten: Ihr seid Teil einer lebendigen Welt und entwickelt einen wirklich persöhnlichen Hauptcharakter. Soll er für das Gute kämpfen oder böse Taten vollbringen? Soll er das Schwert schwingen oder Magie einsetzen? Ist er ein hilfreicher Abenteurer, ein hinterhältiger Dieb oder ein Mörder? All diese Entscheidungen liegen einzig und allein in eurer Hand!
Märchenstunde der alten Schule
Das Kernstück von Fable ist die Hauptgeschichte um den namenlosen Helden: Als kleiner Junge muss er mit ansehen, wie sein Heimatdorf von einer Räuberbande überfallen wird. Die Banditen töten seinen Vater, Mutter und Schwester werden verschleppt. Als der Junge selbst dem Tod ins Auge blickt, wird er von einem Mann namens Maze gerettet. Dieser nimmt ihn mit zur sog. "Heldengilde", einer Vereinigung, in der junge Männer und Frauen für ein Leben als Abenteurer geschult werden. Dort erlernt er die Grundlagen im Nah- und Fernkampf sowie der Magie. Als der junge Held das 18. Lebensjahr erreicht, ist die Ausbildung beendet: Er bekommt das Siegel der Gilde überreicht und zieht hinaus in die Welt, um viele Abenteuer zu bestehen. Doch schon bald bekommt er einen schicksalhaften Hinweis von Maze: Dieser hat gehört, dass seine vermisste Schwester noch lebt. An diesem Punkt kommt die Story von Fable richtig ins Rollen: Ihr werdet 12-15 Stunden gut unterhalten und erlebt die eine oder andere Überraschung - es gab aber auch schon spannendere und vor allem längere Geschichten in Rollenspielen. Durchweg gelungen ist aber die Art und Weise, wie größere Zusammenhänge geschildert werden: Neben Zwischenszenen in Spielgrafik gibt es eine Art Märchenstunde. Ihr seht gezeichnete Bilder zu denen ein Erzähler spricht.
Ende ist nicht gleich Ende ist nicht gleich Ende
Um in der Story von Fable voranzukommen, erledigt ihr die Hauptmissionen, welche ihr über die Gilde erhaltet. Holt euch einfach im Zentrum des Gebäudes eine Quest-Karte, auf der alle näheren Informationen stehen. Dann geht es hinaus in die Welt Albion: Ihr steuert den Held aus der Verfolgerperspektive durch viele kleine Gebiete. Diese sind zwar durch Ladezeiten voneinander getrennt, wir finden deren Länge von neun bis zwölf Sekunden aber erträglich. Wer gehofft hat, man könnte Albion frei erkunden wie z.B. den komplett begehbaren Kontinent Vardenfall aus Morrowind, der wird enttäucht sein: Die Welt von Fable ist nicht nur in getrennte Gebiete aufgeteilt - in diesen bewegt ihr euch auch noch auf meist engen Pfaden. Damit ihr euer Missionsziel während der Streifzüge nicht aus den Augen verliert, wird rechts oben auf einer Mini-Karte gezeigt, wohin ihr als nächstes gehen müsst. Habt ihr euren Bestimmungsort erreicht, sind meist Waffengewalt bzw. Kampfzauber gefragt, denn das Missionsdesign von Fable ist sehr actionlastig: Ihr beschützt z.B. ein Dorf vor Monstern-Angriffen oder schlagt euch zu einer Person durch, die für den weiteren Storyverlauf wichtig ist. Als kleine Auflockerung löst ihr eine Hand voll Rätsel mit vergleichweise wenig Anspruch oder versucht euch an einer minimalistischen Schleicheinlage. In manchen Quests könnt ihr euch für eine gute oder böse Lösung entscheiden. Die Story verzweigt sich dadurch aber nicht - euch stehen lediglich verschiedene Enden in Aussicht. Habt ihr den Abspann gesehen, ist aber nicht zwingend Schluss: Ihr dürft euren Helden weiter durch Albion steuern: Vieleicht sind ja noch Nebenquests offen oder ihr versucht ein Rätsel der Dämonentore zu lösen.
Das Kampfsystem: Ein Import aus Japan
Da Fable letztlich ein sehr actionlastiges Rollenspiel geworden ist, nehmen wir nun das Kampfsystem genauer unter die Lupe: Ihr vertrimmt die Banditen, Monster oder Untoten komplettt in Echtzeit. Eure Gegner sind auf dem Bildschirm (und der Mini-Karte) jederzeit zu sehen - Zufallskämpfe bzw. einen Wechsel in einen Kampfschirm gibt es also nicht. Will euch jemand ans Leder, zieht ihr per Schnellauswahl eure Waffe: Mit den Tasten Schwarz und Weiß habt ihr jeweils eine Nah- und eine Fernkampfwaffe zur Hand. Die Steuerung in den Gefechten ist exakt aus den 3D-Spielen der Zelda-Reihe kopiert: Genau wie bei The Wind Waker visiert ihr den Gegner mit einer Schultertaste (links) automatisch an und umkreist ihn dann mit dem linken Analogstick. Im Kampf gegen mehrere Gegner ist es aber oftmals besser, sich frei im Raum zu bewegen. So könnt ihr gleich mehrere Gegner nacheinander attackieren, die in verschiedene Richtungen zu euch stehen. Habt ihr eure Nahkampfwaffe gezückt, lasst ihr mit X Schlagkombos vom Stapel. Müsst ihr euch schützen blockt ihr mit Y Schläge ab oder rollt euch aus der Reichweite des geners. Habt ihr ein paar Treffer gelandet, flammt euer Schwert auf - jetzt könnt ihr einen unparierbaren Superschlag mit der B-Taste auslösen. Die Steuerung für den Fernkapf wurde ebenfalls bei Nintendo abgekupfert: Auch hier wird der Gegner entweder automatisch anvisiert oder ihr zielt mit Hilfe eines Fadenkreuzes aus der Ego-Perpektive. Wer im Kampf viele Kombinationen nacheinander landet ohne getroffen zu werden, erhält ein Vielfaches der Erfahrungspunkte.
Laaangsam, bitte!
Wer in den zahlreichen Gefechten lieber zaubert, statt die Waffen sprechen zu lassen, wird am Echtzeit-Magiesystem von Fable seine Freude haben. Es hat mit insgesamt 16 Zaubern einen ordentlichen Umfang und lässt sich fantastisch bedienen: Haltet ihr die R-Taste, erscheinen drei Spruchsymbole auf der Anzeige rechts unten (diese entspricht der Lage der Aktionsknöpfe auf eurem Controller). Für einen Angriffzauber visiert ihr dann den Gegner, wie im Kampf, mit L an und enrfesselt den Spruch mit dem jeweiligen Knopf. Da nur drei Zauber in das Interface hineinpassen, schaltet ihr mit der Y-Taste alle 16 Sprüche in Dreierreihen von oben nach unten durch. Die Kombinationen der Reihen dürft ihr in einem Extramenü selbst festlegen. Dabei sind die Zauber in drei Kategorien unterteilt: Mit den "Attack Spells" greift ihr eure gegner gezielt an, ob mit Feuerbällen, Blitzen oder einem magischen Sturmangriff. Die "Physical Spells" veratärken dagegen eure Fähigkeiten wie Stärke oder Widerstandskraft. Das Beste kommt zum Schluss - mit den "Surround Spells" beeinflusst ihr eure Umwelt oder den Geist eurer Gegner: Erlebt die Kämpfe auf Knopfdruck in Zeitlupe oder befehlt einem Banditen, seine eigenen Kumpanen anzugreifen. Alle Zauber verbrauchen Mana, welches ihr mit Tränken auffrischt.
Muskelberge oder Zauberkraft?
In Sachen Story und Missionsdesign ist Fable also ein eher gewöhnliches Spiel. Auch das Kampf- und das Magiesystem sind nichts Neues. Handwerklich sind diese Teile des Spiels sehr gut gemacht - nicht mehr und nicht weniger. Doch wie schon eingangs geschildert, bietet Fable mehr als den Actionrollenspiel-Anteil. Ganz wichtig ist die Entwicklung des Helden: Ihr steuert keinen vorgefertigten Charakter, sondern formt eine Spielfigur, die im Laufe des Abenteuers altert, nach euren eigenen Wünschen. Das fängt schon damit an, dass ihr euch zu Beginn des Spiels nicht auf eine Klasse wie Krieger, Magier oder Dieb festlegen müsst. Ihr erlernt Grundkenntnisse in allen Bereichen, eine weitere Richtung ist dann nicht vorgegeben. Diese hängt sowohl von euren Wünschen, als auch eurer Spielweise ab: Je nachdem, ob ihr eure Feinde mit Schwert, Bogen oder Zaubern niederstreckt, erhaltet ihr Extra-Erfahrungspunkte für die Bereiche Stärke, Geschicklichkeit und Magie, die nur dort ausgegeben werde dürfen. Nebenbei gibt es aber auch allgemeine Erfahrungspunkte,die universell einsetzbar sind. Wenn ihr die Punkte dann verteilt, entwickeln sich nicht nur die Fähigkeiten des Helden, sondern auch sein Äußeres weiter: Investiert ihr viele Punkte im Bereich der körperlichen Stärke, wird euer Held ein breit gebauter Muskelprotz, der große Zweihandwaffen schwingen kann. Investiert ihr dagegen verstärkt in Magie, bleibt euer Held schmächtig und verliert im Laufe des Spiels durch die Zauberei einen Großteil seiner Haare. Ihr müsst euch aber nicht strikt in eine Richtung entwickeln: Wenn ihr alle Fähigkeiten gleichmässig anwendet, könnt ihr auch die Erfahrungspunkte gleichmäsig verteilen. So entsteht eine äuserliche Mischform wie ein Kampf-Magier.
Heiligenschein oder Teufelshörner?
Die Bestimmung der Fähigkeiten ist aber nur die eine Hälfte der Entwicklung des Helden. Eine ebenso wichtige Entscheidung ist, ob ihr einen guten oder bösen Charakter spielen wollt. Um dessen Profil in eine der beiden Richtungen zu schärfen, sammelt ihr, ähnlich wie in K.O.T.O.R, Punkte für gute oder böse Taten. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, um diese einzuheimsen: Wer den strahlenden Helden spielen möchte, sollte hilfsbereit und gnädig sein. Beschüztz z.B. Händler vor marodierenden Banditen oder verzichtet darauf, Gegner zu töten, die sich bereits ergeben haben. Ansonsten ist es eine recht enthaltsame Angelegenheit, den Pfad des guten zu beschreiten. Bei Bösewichtern ist das dagegen komplett anders: Wer einen Schurken verkörpern möchte, sollte jede Gelegenheit nutzen, um ein Verbrechen zu begehen: Verprügelt unschuldige Bürger, stehlt ihnen ihr Hab und Gut, und tötet, ohne mit der Wimper zu zucken. Neben euren Taten beeinflussen aber noch andere Faktoren eure Außenwirkung - der Spruch "Kleider machen Leute" gilt auch in Albion: In der hellen Robe eines Magiers macht ihr einen deutlich sympathischeren Eindruck als im dunklen Gewand eines Meuchelmörders. So entwickelt ihr euch auch in dieser Hinsicht im Laufe des Spiels äuserlich weiter: Der gute Held bekommt himmelblaue Augen, trägt einen Heiligenschein und wird von weißen Schmetterlingen umflattert. Ein Schurke entwickelt sich dagegen zum Teufel in Menschengestalt: Ihm wachsen kleine Hörner, seine Augen leuchten Rot und er hat einige Schmeißfliegen im Schlepptau.
"Willst du mich heiraten?"
Doch was würde ein individueller Held nutzen, wenn niemand da wäre, der ihn beachtet? Ziemlich wenig. Deshalb haben die Entwickler in Fable eine lebendige Welt erschaffen, in der ihr mit den zahlreichen bewohnern interagieren könnt: Mit dem Steuerkreuz löst ihr die sogenannten "Expressions" aus. Ihr könnt z.B. auf Knopfdruck rülpsen, flirten oder drohen, richtige Dialoge führt ihr nicht. Dazu kommt immer die passende Reaktion: Wer rülpst, macht sich natürlich nicht beliebt. Aus einem kleinen Flirt kann dagegen schnell etwas Ernstes werden: Mit ein paar simplen Gesten und Geschenken könnt ihr Frauenherzen erobern und sogar in den Hafen der Ehe einlaufen. Je weiter sich das Profil eures Charakters in Richtung gut oder böse entwickelt, desto eindrucksvoller wird seine Erscheinung - im positiven wie im negativen Sinne. Helden mit Heiligenschein werden nicht nur überall mit ihrem Titel bejubelt, es fliegen ihnen auch viele Frauenherzen zu. Sogar ein paar Männerherzen haben wir höher schlagen gehört... Wer dagegen ein diabolisches Erscheinungsbild hat, schlägt viele Bewohner allein durch seine Anwesenheit in die Flucht. Die NSCs (Nichtspielercharakter) und deren Verhalten sorgen auch sonst für eine dichte Atmosphäre. Sie stehen nicht einfach in der Gegend herum, sondern erfüllen den Tag- und Nachtwechsel in Albion mit Leben: Händler öffnen morgens ihre geschäfte, Kinder gehen in Bowerstone zur Schule und Tagelöhner schleppen Holzkisten zu den örtlichen Händlern.
Stimmige Grafik, verschachtelte Menüs
Abgerundet wird die stimmige Atmosphäre durch Grafik und Sound: Die Optik des Spiels gläntzt mit abwechslungsreich gestalteten Gebieten. Ob ein lauschiges Plätzchen am See, ein finsterer Wald oder die belebten Städte - alles ist abwechslungsreich texturiert und liebevoll modeliert. Frei von Fehlern ist die Grafik aber nicht: Bei hohem Gegneraufkommen ruckelt das Geschehen öfters und der starke Überstrahlungseffekt blendet euch. Der Soundtrack des Spiels ist ebenso stimmig wie die starken räumlichen Effekte, lediglich die deutsche Synchro ist akustischer Durchschnitt. Mit dem Thema Geld und Handel könnt ihr euch ebenfalls auseinandersetzten: Da die Ein- und Verkaufspreise von Waffen, Kleidung, Ausrüstung und anderen Gegenständen (Nahrung oder Geschenke) von Händler zu Händler variieren, könnt ihr gewinnbringend handeln. In erster Linie sollte man sein Geld in eine gute Ausrüstung stecken. Leider schränkt euch das Spiel hier etwas ein: Es gibt elf Waffentypen (vom Schwert bis zum Riesenhammer) und nur drei Arten von Rüstungen (Leder-, Ketten- und Plattenpanzer). Immerhin kann man die Waffen mit magischen Artefakten verstärken. Die Verwaltung der Ausrüstung über das Menü ist recht umständlich. Bis ihr euren Helm abgesetzt habt braucht es sehr viele Klicks durch die einzelnen Menüs.
Fazit: Pflichtkauf für Rollenspiel-Fans!
Mein Fazit: GEIL !!!






